Die Verhandlungen über die Neugestaltung des europäischen Zahlungsdiensterechts sind bereits weit fortgeschritten. Künftig soll es mit der Zahlungsdiensteverordnung (PSR) und der dritten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD3) zwei neue europäische Rechtsakte geben, die sowohl die privatrechtlichen Regeln für Zahlungsdienste in Europa unmittelbar gültig als Verordnung (PSR) als auch die aufsichtsrechtlichen Leitplanken für die nationalen Gesetzgeber der Mitgliedstaaten (PSD3) vorgeben sollen. Neben Zahlungsdiensten soll die neue PSD3 auch die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Unternehmen regeln, die Geschäfte mit E-Geld machen oder solches emittieren. Bislang waren die entsprechenden Bestimmungen in der zweiten E-Geld-Richtlinie (EMD2) geregelt, die mit Inkrafttreten der PSD3 abgeschafft werden soll. Art. 3 Abs. 4 EMD2 verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, E-Geld-Instituten in ihrem jeweiligen nationalen Aufsichtsrecht die Möglichkeit einzuräumen, E-Geld über natürliche oder juristische Personen zu vertreiben und rückzutauschen, die auch als E-Geld-Agenten bezeichnet werden. Nicht erlaubt ist hingegen die Ausgabe von E-Geld-Einheiten über E-Geld-Agenten. Die Emission der E-Geld-Einheiten muss nach Art 3 Abs. 5 EMD2 zwingend durch die E-Geld-Institute selbst erfolgen. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgaben im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) umgesetzt. Nach § 1 Abs. 10 ZAG ist E-Geld-Agent jede natürliche oder juristische Person, die als selbständiger Gewerbetreibender im Namen eines E-Geld-Instituts beim Vertrieb und Rücktausch von E-Geld tätig ist. Unter dem Regime der PSD3 soll es indessen keine E-Geld-Agenten mehr geben. Die Richtlinie sieht das Agenten-Konzept ausschließlich für Zahlungsdienste vor, nicht hingegen für die neu einzuführenden E-Geld-Dienste. Jedoch soll der neue Begriff der Vertriebstelle eingeführt werden.
Was ist eine Vertriebsstelle nach PSD3?
Nach Art. 2 Abs. 36 des Richtlinienentwurfs der EU-Kommission (PSD3-E) soll eine Vertriebstelle eine natürliche oder juristische Person sein, die E-Geld im Namen eines Zahlungsinstituts vertreibt oder zurücktauscht. Die Definition erinnert sehr stark an die Definition von E-Geld-Agenten aus der abzulösende EMD2. Soweit ersichtlich liegt der einzige Unterschied zwischen den Definitionen in der Tatsache, dass Vertriebstellen von Zahlungsinstituten und E-Geld-Agenten von E-Geld-Instituten in Anspruch genommen werden können. Da aber unter der PSD3 auch der Begriff des E-Geld-Instituts abgeschafft werden soll und stattdessen Zahlungsinstitute zusätzlich die Erlaubnis beantragen können sollen, E-Geld-Dienste zu erbringen, ist die Bezugnahme auf Zahlungsinstitute in der neuen Definition nicht verwunderlich. Die im Entwurf für die PSD3 vorgesehene Abkehr vom Begriff des E-Geld-Agenten scheint dazu zu dienen, eine klarere begriffliche Abgrenzung zwischen für Zahlungsdienste einsetzbare Agenten und für den Vertrieb und den Rücktausch von E-Geld einsetzbare Vertriebstellen herbeizuführen. Zu beachten ist, dass E-Geld-Dienste im künftigen PSD3-Regime gerade keine Zahlungsdienste, sondern eine eigene Art von regulierten Dienstleistungen darstellen sollen, für deren Erbringung Zahlungsinstitute eine Erlaubnis erhalten können. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Vertriebstellen gerade nicht zur Erbringung von E-Geld-Diensten einsetzbar sein sollen, sondern lediglich durch Zahlungsinstitute für den Vertrieb und den Rücktausch von E-Geld unterbeauftragt werden können. In diesem Punkt unterscheiden sich die beiden Konzepte erheblich. Die Einführung des Begriffs der Vertriebstellen hat vor diesem Hintergrund durchaus klarstellende Wirkung.
Was soll eine E-Geld-Vertriebsstelle machen dürfen?
Nach Art. 20 Abs. 1 des Entwurfs für die PSD3 sollen Mitgliedstaaten E-Geld-Dienste erbringenden Zahlungsinstituten gestatten, für den Vertrieb und den Rücktausch von E-Geld Vertriebsstellen in Anspruch zu nehmen. Art. 20 Abs. 2 des Entwurfs ist vor diesem Hintergrund mindestens irreführend formuliert, da er anordnet, dass Zahlungsinstitute die in Art. 19 PSD3-E festgelegten Anforderungen an den Einsatz von Zahlungsagenten entsprechend einhalten sollen, wenn sie E-Geld-Dienste über Vertriebsstellen zu erbringen beabsichtigen. Vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts der Definition der Vertriebsstelle in Art. 2 Abs. 36 PSD3-E und der klaren Definition von E-Geld-Diensten in Anhang II PSD3-E, die nur die Ausgabe von E-Geld, die Führung von Zahlungskonten für E-Geld-Einheiten und die Übertragung von E-Geld-Einheiten umfassen sollen, nicht aber auch den Vertrieb und den Rücktausch, macht die Vorschrift des Art. 20 Abs. 2 PSD3-E keinen Sinn. Bis zur finalen Fassung der PSD3 sollte Art. 20 Abs.2 des Entwurfs daher in jedem Fall noch einmal überarbeitet werden. Einsetzbar sollen Vertriebsstellen vielmehr ausschließlich für den Vertrieb und den Rücktausch der E-Geld-Einheiten sein. Erlaubnispflichtige E-Geld-Dienste werden sie nicht erbringen dürfen. Insofern wird es in der Sache kaum Unterschiede zwischen den E-Geld-Agenten nach der EMD2 und den Vertriebsstellen im Sinne der PSD3 geben.
Rechtsanwalt Dr. Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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