Die Vorschriften zur Zulassungspflicht und zur Einhaltung der spezifischen Compliancepflichten für Kryptodienstleister (CASP) gelten bereits seit dem 30 Dezember 2024. Unternehmen, die schon vor diesem Datum in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR nach dem damals geltenden Recht Dienstleistungen erbracht haben, die nunmehr als Kryptowerte-Dienstleistungen im Sinne der MiCAR einzuordnen sind, können ihren Kunden diese Dienstleistungen zunächst weiterhin anbieten, auch wenn sie aktuell noch keine MiCAR-Zulassung von der für sie zuständigen Behörde erhalten haben. Insoweit sieht die neue Verordnung in Art. 143 Abs. 3 MiCAR eine Übergangsregelung vor, das auch als Grandfathering bezeichnet wird. Art. 143 Abs. 3 MiCAR sieht vor, dass die Weiterführung der vor dem 30. Dezember 2024 legalen Geschäfte ohne erforderliche MiCAR-Zulassung bis zum 1. Juli 2026 oder bis zu dem Zeitpunkt möglich ist, an dem die zuständige nationale Aufsichtsbehörde über einen MiCAR-Zulassungsantrag des Unternehmens positiv oder negativ entschieden hat. Nicht erforderlich ist nach der Grandfathering-Regel der Verordnung, dass das Unternehmen den Zulassungsantrag zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich stellt. Ebenso wenig trifft die Übergangsvorschrift eine Aussage darüber, ob der Antrag auf Erteilung einer MiCAR-Lizenz einen bestimmten Umfang haben muss, insbesondere ob er alle im Rahmen des Grandfatherings weiter betriebenen Geschäfte umfassen muss. Die Mitgliedstaaten haben indes allein die Möglichkeit, den Zeitraum des Grandfatherings für ihre Jurisdiktion zeitlich zu beschränken. Eine Einschränkung des Adressatenkreises von Art. 143 Abs. 3 MiCAR oder der konkreten Kryptodienstleistungen, die für das Grandfathering in Frage kommen, steht ihnen nicht zu.
Gefahren für CASPs lauern beim MiCAR Passporting
Kurz bevor die Übergangsvorschrift zum MiCAR Grandfathering zur Rechtsgeltung kam, veröffentlichte die European Securities and Markets Authority (ESMA) im Dezember 2024 eine Stellungnahme zur Handhabung der Übergangsregel der MiCAR für CASPs. Im Kern warnte die ESMA sowohl die CASPs als auch die für sie zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden vor Problemen mit dem Grandfathering-Regime im Fall von Unternehmen, die ihre Kryptodienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten des EU anbieten. Probleme könnten insoweit entstehen, als dass die einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, das Grandfathering zeitlich strenger zu befristen als es die MiCAR maximal vorsieht. Während beispielsweise in Deutschland und Österreich eine maximale Grandfatheringfrist von 12 Monaten gilt, erlauben die Niederlande, Polen und Finnland lediglich sechs Monate. Frankreich, Dänemark und Tschechien gewähren das Grandfathering in Anspruch nehmenden CASPs demgegenüber bis zu 18 Monate Zeit, um die Vorgaben der MiCAR vollständig umzusetzen und die erforderliche Zulassung zu erhalten. Diese Unterschiede bergen Risiken für CASPs, die sowohl in Staaten mit einer Frist von 12 als auch von sechs Monaten tätig sind, wenn sie beispielsweise ihre in Deutschland beantragte Erlaubnis für das Geschäft in den Niederlanden im Wege des Passportings nutzen wollen, die BaFin die erforderliche MiCAR Lizenz aber erst nach Ablauf der in den Niederlanden geltenden Übergangsfrist von sechs Monaten erteilt. In diesem Szenario droht dem betreffenden Kryptowertedienstleister die Einstellung des Niederlandegeschäfts, da er sich dort nach sechs Monaten nicht mehr auf Art. 143 Abs. 3 MiCAR berufen könnte.
BaFin muss Gesamtsituation bei Bearbeitung der Zulassungsanträge im Blick behalten
Die Empfehlungen der ESMA richten sich sowohl an die CASps als auch an die für die Bearbeitung von Zulassungsanträgen nach MiCAR zuständigen Aufsichtsbehörden. Den Kryptodienstleistern wird dringend empfohlen, die Zulassungsanträge nach der MiCAR schnellstmöglich zu stellen, um den Behörden eine Bearbeitung innerhalb der Grandfathering-Periode zu ermöglichen. Zudem werden die CASPs dazu aufgefordert, etwaige Probleme wegen der unterschiedlichen Laufzeiten der Übergangsbestimmungen in den einzelnen Mitgliedstaaten schnellstmöglich zu erkennen, um gegebenenfalls auch in Mitgliedstaaten mit kurzen Übergangsfristen Anträge auf Erteilung der erforderlichen MiCAR Lizenz zu stellen. Aber auch von den zuständigen Aufsichtsbehörden erwartet die ESMA vorausschauendes Handeln. Diese sollen mit den Antragstellern frühzeitig in einen ausführlichen Austausch gehen, um über in anderen Mitgliedstaaten betriebene Geschäfte informiert zu sein. Die BaFin wird in diesem Zusammenhang frühestmöglich und ständig mit den Aufsichtsbehörden der anderen Mitgliedstaaten in Abstimmung gehen müssen, um vermeidbare Disruptionen wegen fehlender Zulassungen nach abgelaufenen Grandfatheringfristen verhindern zu können. Ebenso wird die BaFin Anträge von betroffenen CASPs vorrangig bearbeiten müssen.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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