Apr. 07, 2025

Anbieten von AI-Investment-Tools: Erlaubnispflichtige Tätigkeit?

Künstliche Intelligenz (KI) oder genauer gesagt Large Language Models (LLM) sind nicht mehr nur im Kommen, sondern in weiten Teilen des geschäftlichen und privaten Umfeldes bereits angekommen. Die Nutzung von Chatbots und anderen KI-Anwendungen wird mehr und mehr Teil des alltäglichen Lebens. Antworten auf Fragen, die früher nur durch aufwändige Google-Recherchen und das Besuchen vieler verschiedener Websites, einschließlich dem Manövrieren von lästigen Cookie-Bannern und oft einer Flut von ungewünschter Werbung beantwortet werden konnten, erledigt ein Chatbot nun in wenigen Sekunden. Der Mehrwert von Websuchen durch Chatbots für Nutzer ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist daher kein Wunder, dass das Vertrauen in und der Wunsch nach KI-gestützten Tools in immer mehr Lebensbereichen zunimmt. Eine mögliche Verwendung von KI/LLMs kann darin liegen, diese zu nutzen, um Anlageentscheidungen zu treffen. So hat sich zuletzt auch die ESMA genötigt gesehen, eine Warnung vor den Risiken bei KI-Nutzung in der Geldanlage zu veröffentlichen. Diese wurde am 28. März 2025 auch auf der Website der BaFin veröffentlicht. Verbraucher sollen insbesondere vorsichtig sein, wenn Kauf- und/oder Verkaufssignale künstlich generiert werden, so die BaFin. KI-Tools wie auch -Apps könnten Tipps oder Empfehlungen abgeben, die unzutreffend oder irreführend sein könnten. Wer darauf basierend investiere, riskiere erhebliche finanzielle Verluste. KI-Tools und -Apps werden weder durch Finanzaufsichtsbehörden zugelassen noch von ihnen beaufsichtigt. Dieser Hinweis gibt noch einmal Anlass dazu, die bisherige Einordnung von Anbietern automatisierter softwaregestützter Investment-Services zu beleuchten und in diesem Zusammenhang zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen Anbieter von dedizierten KI-Investment-Tools einer Erlaubnis durch die BaFin bedürfen.

Der sogenannte Robo-Advice

Die BaFin beschäftigt sich schon länger mit dem Thema des automatisierten Vertriebs von Finanzinstrumenten und ähnlichen digitalen Angeboten. Bereits in einem Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 fasst die BaFin diese unter dem Begriff Robo-Advice zusammen und konstatiert, dass ein solcher in der Regel den Tatbestand der Anlageberatung oder der Finanzportfolioverwaltung erfüllt und daher einer Erlaubnis nach Bank- oder Gewerberecht bedarf. In einem späteren Beitrag aus dem Jahr 2020 wiederholte die BaFin unter dem Titel „Robo-Advice – Automatisierte Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung“ noch einmal ihre Auffassung, dass Robo-Advice rechtlich als Anlageberatung, Finanzportfolioverwaltung, Abschlussvermittlung oder Anlagevermittlung eingestuft werden kann. In ihrem Merkblatt „Automatisierte und signalbezogene Beratungs- und Handelssysteme“ aus dem Jahr 2022 betonte die BaFin noch einmal, dass eine abschließende aufsichtsrechtliche Beurteilung nur möglich sei, wenn der BaFin die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Anbieter und dessen Kunden im Einzelfall bekannt gemacht würden. Auch in der Rechtsprechung ist die Haftung für Robo-Advice schon behandelt worden. So hat das OLG Hamm in einem Urteil vom 30. Mai 2018 – 12 U 95/16 entschieden, dass beim automatisierten Internethandel mit Finanzprodukten ein (erlaubnisfreier) Eigenhandel desjenigen vorliegt, „der über die grundlegenden Einstellungen und Vorgaben der Software entscheidet“. Entscheidend sei nicht, wer die Einstellungen tatsächlich vornimmt oder wo die Software installiert ist (Hardware des Kunden oder Cloudlösung). Das Gericht betrachtet als Hauptkriterium, wer im Verhältnis der Parteien die „entscheidenden Vorgaben“ gemacht hat. In der Literatur wurde hierzu unter anderem vertreten, dass bei Software mit abstrakt festgelegten Handelsalgorithmen ein Entscheidungsspielraum des Software-Anbieters fehle. Verantwortlich für den Einsatz einer Software sei ihr Nutzer. Entscheidend sei, welcher Vertragspartner final über den Einsatz oder Nichteinsatz entscheiden kann (in der Regel der Nutzer). Daher solle die automatisierte Portfolioverwaltung zumindest keine erlaubnispflichtige Finanzportfolioverwaltung sein.

Was spricht nun für und gegen eine erlaubnispflichtige Tätigkeit von Anbietern von KI-Investment-Tools?

Zunächst muss festgehalten werden, dass das Urteil des OLG Hamm sich nicht pauschal auf alle Robo-Adviser und KI-Investment-Tools übertragen lässt, da es von einem Fall ausgeht, in dem tatsächlich wesentliche Vorgaben an die Software vom Anleger selbst gemacht wurden. Außerdem besteht bei KI-Systemen dieselbe Schutzbedürftigkeit des Anlegers wie bei einer Beratung oder Verwaltung durch einen Menschen. Die bloße Verfügungsgewalt des Anlegers (Aktivierung/Deaktivierung) ändert nichts an der fehlenden Vorhersehbarkeit der KI-Entscheidungen. LLMs zeichnen sich gerade dadurch aus, dass nicht bloß fest vorgegebene Algorithmen abgespult werden. Ohne Vorhersehbarkeit für den Anleger sollte eine Anlageentscheidung diesem nicht zugerechnet werden können. Wenn ein Anleger einen gewöhnlichen KI-Chatbot verwendet und diesen um Hilfe bei Anlageentscheidungen bittet, wird wohl noch nicht davon auszugehen sein, dass der Anbieter dieses Chatbots eine erlaubnispflichtige Tätigkeit erbringt. Anders könnte die Situation sein, wenn explizit KI-gestützte Software angeboten wird, die automatisiert das Portfolio des Anlegers verwaltet und für diesen Kauf- und Verkaufsentscheidungen trifft. Für Anbieter von KI-Investment-Tools ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die eigene Anwendung erlaubnispflichtige Tätigkeiten beinhaltet. Gegebenenfalls ist das Geschäftsmodell anzupassen, um Erlaubnispflichten zu vermeiden oder eine Erlaubnis einzuholen. Es kann auch über Kooperationen mit Marktteilnehmern, die bereits über die notwendigen Erlaubnisse verfügen, nachgedacht werden. Nach einer Analyse des eigenen Geschäftsmodells sollte zunächst eine Anfrage an die BaFin gestellt werden, um sich Klarheit über das eigene Vorhaben zu verschaffen, bevor das KI-Investment-Tool Anlegern im deutschen Raum angeboten wird.

Rechtsanwalt Anton Schröder

I.  https://fin-law.de

E. info@fin-law.de

Zuständiger Anwalt für Fragen zu KI-Investment-Tools, Robo-Advisern und IT-Recht in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London). Er wird unterstützt von Rechtsanwalt Anton Schröder.

Newsletter abonnieren

    Kontakt

    info@fin-law.de

    to top