Der Deutsche Bundestag hat am 18. Dezember 2024 auf den letzten Metern der aktuellen Minderheitsregierung aus SPD und Grünen doch noch das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (FinmadiG) verabschiedet. Es passierte noch vor Weihnachten ohne weitere Änderungen den Bundesrat, so dass es nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt nunmehr doch noch gerade rechtzeitig in Kraft getreten ist, um den Übergang in das Regulierungsregime der EU-Verordnung über Märkte in Kryptowerten (MiCAR) nationalrechtlich umzusetzen. Der bisherige Kryptowertebegriff des nationalen Rechts im Kreditwesengesetz (KWG) und Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) wurde damit endgültig in den Bereich der Rechtsgeschichte überführt und gestrichen. Kryptowerte im Sinne des KWG und des WpIG sind nunmehr auch für die Zwecke des nationalen Rechts ausschließlich Kryptowerte nach der Definition der MiCAR und damit digitale Darstellungen eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann. Die bisherige Definition für Kryptowerte gemäß KWG und WpIG waren jedoch nicht der einzige Alleingang des deutschen Gesetzgebers in der Kryptoregulierung vor dem MiCAR-Regime. Bereits seit 2011 vertritt die BaFin in ständiger Verwaltungspraxis die Auffassung, dass Bitcoins und ihnen ähnelnde Kryptowährungen – mithin sog. Currency Token – auch als Rechnungseinheiten und damit als Finanzinstrumente im Sinne des KWG und WpIG einzuordnen sind. Es fragt sich, ob die Qualifikation von Currency Token als Rechnungseinheit auch nach Inkrafttreten des FinmadiG noch möglich ist oder ob die Geltung des neuen Regulierungsregimes für Kryptowerte nach FinmadiG und MiCAR zum stillen Abschied der Rechnungseinheiten aus der Kyptoregulierung geführt hat.
Vor MiCAR konnten Kryptowerte und Rechnungseinheiten parallel vorliegen
Unter der abgelösten nationalen Kryptoregulierung waren Kryptowerte als sog. Auffangtatbestand ausgestaltet, so dass Token zugleich als Kryptowert und auch eine andere Form von Finanzinstrument aus dem Instrumentenkatalog des KWG bzw. WpIG qualifizieren konnten. Grundsätzlich war diese hybride Klassifizierung nicht schädlich und in Einzelfällen sogar hilfreich. Beispielsweise konnten so Kryptowährungen, die etwa den gesetzlichen Status von Geld hatten, nicht unter die Definition für Kryptowerte nach KWG und WpIG fallen, jedoch gegebenenfalls als Rechnungseinheit qualifizieren und damit trotzdem reguliertes Finanzinstrument sein. In solchen Fällen konnte – wie vom Gesetzgeber intendiert – die Regulierung ach KWG und WpIG für Geschäfte mit entsprechenden Token Anwendung finden. Unter der neuen Regulierung auf Grundlage der MiCAR gestaltet sich dies schwieriger, zumal sich die Regulierung nach KWG und WpIG hinsichtlich ihres Regelungsgehalts von derjenigen nach MiCAR unterscheidet. Es ist daher erforderlich, Token rechtssicher und unzweifelhaft einem der beiden Regulierungsregime zuordnen zu können. Die Rechtslage nach Inkrafttreten des FinmadiG sieht daher keine Kryptowerte nach deutschem Recht mehr vor und stellt klar, dass Kryptowerte im Sinne des KWG und des WpIG solche im Sinne der MiCAR sind. Token, die nicht als Kryptowert nach MiCAR einzuordnen sind, können im Einzelfall als sog. kryptografisches Instrument qualifizieren. Problematisch bleibt indessen, dass beispielsweise Bitcoins nach der bislang nicht von der BaFin aufgegebenen Verwaltungspraxis eindeutig als Rechnungseinheit und damit als Finanzinstrument nach KWG und WpIG qualifizieren, zugleich jedoch auch als Kryptowert im Sinne der MiCAR. Welches Regulierungsregime soll in solchen Fällen greifen?
BaFin sollte MiCAR Vorrang vor nationaler Regulierung geben
Es drängt sich auf, dass für die aufsichtsrechtliche Einordnung von Token die MiCAR gegenüber der lediglich nationalen Regulierung nach dem KWG und dem WpIG Vorrang haben sollte. Leider hat der deutsche Gesetzgeber es versäumt, diesbezüglich eine Klarstellung im Gesetz unterzubringen, was im Rahmen der weitreichenden Änderungen in den beiden Bundesgesetzen unproblematisch möglich gewesen wäre. Eine für die Praxis ausreichende Klarstellung könnte jedoch auch dadurch erreicht werden, dass die BaFin ihre Verwaltungspraxis zur Einordnung von Bitcoins und vergleichbaren Klonen als Rechnungseinheiten endgültig aufgibt. Sie stammt aus einer Zeit, in der es keine kodifizierte Regulierung für Kryptotoken gab und hat spätestens seit Geltung von FinmadiG und MiCAR seine Schuldigkeit getan. Regulierungslücken würden sich soweit ersichtlich nicht auftun. Auch im Hinblick auf die für die Verwirklichung des europäischen Binnenmarkts nötige Vereinheitlichung des in der EU geltenden Rechts wäre eine Abkehr von der Einordnung von Currency Token als Rechnungseinheit zielführend und begrüßenswert.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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