Ab dem 30. Dezember 2024 werden die Vorschriften der Markets in Crypto Assets Regulation (MiCAR) in der gesamten Europäischen Union rechtswirksam sein. Dann werden Kryptowerte-Dienstleister im Geltungsbereich der neuen Verordnung ihre Tätigkeit nicht mehr ohne die dafür erforderliche MiCAR Zulassung erbringen dürfen. Das aus anderen Bereichen der Finanzmarktregulierung bekannte Konzept des sog. Haftungsdach-Modells bzw. Tied-Agent-Modells, in dem erlaubnispflichtige Tätigkeiten ohne eigene Erlaubnis unter Verantwortung eines ausreichend zugelassenen Instituts erbracht werden dürfen, kennt die MiCAR nicht. Die ESMA hat diesbezüglich bereits im September 2024 klargestellt, dass Kryptowerte-Dienstleistungen unter Geltung der MiCAR ausschließlich von Unternehmen erbracht werden dürfen, die entweder als Kryptowerte-Dienstleister zugelassen sind oder als bereits beaufsichtigtes Kreditinstitut oder Wertpapierinstitut erfolgreich ein Notifizierungsverfahren nach Maßgabe der MiCAR durchlaufen haben. Da nach der aktuellen in Deutschland geltenden Regulierung nach dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) Kryptowerte als Finanzinstrumente gelten und das Gesetz insoweit Haftungsdachlösungen für Geschäftsmodelle erlaubt, in denen Unternehmen im Inland ausschließlich die Anlagevermittlung, die Anlageberatung oder das Platzierungsgeschäft erbringen, stellt der Übergang in das MiCAR-Regime für entsprechend angebundene Tied Agents potenziell einen echten Showstopper dar. Was können vertraglich gebundene Vermittler und deren Haftungsdächer mit krypto-bezogenen Geschäftsmodellen vor dem 30. Dezember 2024 tun, um das Geschäft unter der MiCAR nahtlos fortführen zu können?

Können vertraglich gebundene Vermittler unter die Übergangsregelung nach MiCAR fallen?

Für Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, die ihre Dienste nach dem für sie geltenden Recht – also nach den auf sie anwendbaren nationalen Vorschriften – erbracht haben, sieht die MiCAR eine Übergangsregelung vor. Solche Anbieter dürfen ihre Dienstleistungen auch nach dem 30. Dezember bis spätestens zum 1. Juli 2026 oder bis zu dem Zeitpunkt erbringen, in dem ihnen eine MiCAR Erlaubnis erteilt oder verweigert wurde, je nachdem, welcher Zeitpunkt zuerst eintritt. Die Mitgliedstaaten haben indes die Möglichkeit, den bis zum 1. Juli 2026 reichenden Zeitrahmen zu verkürzen. Der deutsche Gesetzgeber hat bislang noch keine Umsetzungsgesetzgebung zur MiCAR erlassen, so dass bis auf Weiteres nicht von einer Verkürzung auszugehen ist. Dem Wortlaut nach würden grundsätzlich auf vertraglich gebundene Vermittler von der Übergangsregelung Gebrauch machen können, da sie nach den auf sie anwendbaren nationalen Regularien legal Kryptowerte-Dienstleistungen vor dem 30. Dezember 2024 erbracht haben. Zu berücksichtigen ist aber in jedem Fall, dass sich die aufsichtsrechtliche Zulässigkeit der Dienstleistungserbringung bei Tied Agents von den als Haftungsdach agierenden Wertpapierinstituten ableitet. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine Berufung auf die Übergangsregelung für vertraglich gebundene Vermittler nur in Betracht kommen kann, wenn die in Anspruch genommene Haftungsdachlösung nach dem ab dem 30. Dezember 2024 geltenden Recht weiter existiert und auch das Haftungsdach weiter die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt. Die BaFin hat demgegenüber die von ihr beaufsichtigten Institute angeschrieben, die Tied Agents angebunden haben und darauf hingewiesen, dass die Anbindung von Tied Agents unter Geltung der MiCAR unzulässig sein wird. Vertraglich gebundene Vermittler, die sich daher auf die Übergangsregelungen der MiCAR berufen wollen, sollten dieses Vorgehen in jedem Fall zuvor mit ihrem haftenden Institut und der BaFin abklären.

Alternative zum Haftungsdach nur Auslagerungslösung oder eigene MiCAR Zulassung

Sofern sich vertraglich gebundene Vermittler nicht auf die Übergangsregelungen der MiCAR berufen können oder wollen, benötigen sie eine andere Lösung. Die Beantragung einer eigenen MiCAR Erlaubnis ist bei der zuständigen Behörde möglich, jedoch erfordert ein solcher Antrag gründliche und zeitintensive Vorbereitung und zudem Geduld bis zum Abschluss des Zulassungsverfahrens durch die BaFin. Zügiger kann eine sog. Auslagerungslösung umgesetzt werden, in der der bisherige vertraglich gebundene Vermittler als Auslagerungsunternehmen für den zur Erbringung von Kryptowerte-Dienstleistungen berechtigten Anbieter agiert. Aufsichtsrechtlich verantwortlich ist dann – wie auch im Haftungsdachmodell – der Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen. Das Auslagerungsunternehmen erbringt gegenüber diesem dann technische Leistungen wie etwa die Bereitstellung einer technischen Plattform, Support-Dienstleistungen sowie den Vertrieb. Vorsicht ist insoweit allerdings bei Auslagerungslösungen geboten, in denen an Kryptounternehmen aus dem Nicht-EU-Ausland ausgelagert werden soll. Hier darf nach der Auffassung der ESMA die Auslagerung nicht dazu führen, dass das Drittlandunternehmen Kryptowerte-Dienstleistungen in Europa letztlich ohne eigene Zulassung durch eine europäische Zweckgesellschaft erbringt, während die eigentliche Dienstleistung tatsächlich in einem Drittland erbracht wird.

Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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Zuständiger Anwalt in unserer Kanzlei für die Beratung zu Haftungsdach- oder Auslagerungslösungen oder zur Beantragung einer Zulassung nach MiCAR ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London).