Durch die im Referentenentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz vorgesehene Einschränkung der Haftung von Emittenten könnte die Begebung von Wertpapieren unter Einschaltung einer Schwarmfinanzierungsplattform nach der European Crowdfunding Service Provider Verordnung (ECSP) an Fahrt aufnehmen. In ihrem Anwendungsbereich bietet die ECSP Verordnung neue Möglichkeiten bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Wertpapieren. Beispielsweise hat die Verordnung Vorrang vor den nationalen Regelungen zum Einlagengeschäft im Kreditwesengesetz (KWG). Hierdurch wird Emittenten die Möglichkeit eröffnet, für Investoren attraktivere, nicht nachrangige Finanzinstrumente zu begeben. Gerade bei Security Token Offerings kann dies die anzubietenden Anlageprodukte wirtschaftlich attraktiver machen. Investmentprodukte, die auf durch die ECSP Verordnung regulierte Crowdfundingplattformen angeboten werden sollen, können darüber hinaus auch grenzüberschreitend vermarktet werden. Die erforderliche Vertriebsdokumentation muss dann ausschließlich den rechtlichen Anforderungen der ECSP Verordnung genügen und kann bei Einhaltung der Vorgaben der ECSP für grenzüberschreitende Angebote grundsätzlich in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union für das öffentliche Angebot verwendet werden.

Anlagebasisinformationsblatt (KIIS) statt Wertpapierprospekt – Keine Billigung durch die BaFin nötig

Anstelle von einem Wertpapierinformationsblatt (WIB) oder Wertpapierprospekt muss der Emittent bei der Begebung von Wertpapieren unter der ECSP Verordnung ein Anlagebasisinformationsblatt (key investment information sheet – KIIS) erstellen. In zeitlicher Hinsicht bringt dies den Vorteil mit sich, dass das KIIS nicht durch die BaFin gebilligt werden muss. Der die Schwarmfinanzierungsplattform betreibende Schwarmfinanzierungsdienstleister muss den Anlegern das vom Emittenten erstellte Anlagebasisinformationsblatt zur Verfügung stellen. Die ECSP Verordnung statuiert daher für den Schwarmfinanzierungsdienstleister die Pflicht, angemessene Verfahren zur Überprüfung der Vollständigkeit, Richtigkeit und Klarheit der im Anlagebasisinformationsblatt enthaltenen Angaben einzurichten und diese anzuwenden. Stellt der Schwarmfinanzierungsdienstleister Auslassungen, Fehler oder Ungenauigkeiten in dem Anlagebasisinformationsblatt fest, die wesentliche Auswirkungen auf die erwartete Kapitalrendite haben könnten, muss er dies dem Emittenten mitteilen. Es ist anschließend Aufgabe des Emittenten, das KIIS entsprechend zu überarbeiten und anzupassen. Kommt der Emittent seiner Pflicht zur Anpassung des Anlagebasisinformationsblattes nicht nach, kann der Schwarmfinanzierungsdienstleister das Angebot annullieren.

Leitfaden für klare inhaltliche Vorgaben unterstützt Emittenten und Schwarmfinanzierungsdienstleister

Damit Emittenten und Schwarmfinanzierungsdienstleister ihren Pflichten im Hinblick auf das Anlagebasisinformationsblatt nachkommen können, hat der europäische Gesetzgeber detaillierte Anforderungen an den Aufbau und den Inhalt für ein Anlagebasisinformationsblatt bereitgestellt. Dieses muss auf einem eigenständigen, dauerhaften Datenträger bereitgestellt werden, der deutlich von Marketingmitteilungen unterscheidbar ist. Zudem darf es in gedruckter Form höchstens sechs Seiten im DIN-A4-Format umfassen. In einer Begleitverordnung wurden genaue Vorgaben aufgenommen wie ein Anlagebasisinformationsblatt mustermäßig aufzubauen ist. Danach sind zunächst mustermäßige Warnhinweise voranzustellen, bevor ein Überblick über das Schwarmfinanzierungsangebot erfolgt. Nachfolgend müssen Informationen über den Emittenten und die Hauptmerkmale des Schwarmfinanzierungsverfahrens sowie Ausführungen zu den Bedingungen der Kapitalbeschaffung dargestellt werden. Anschließend müssen emittentenbezogene und projektbezogene Risikofaktoren in das Anlagebasisinformationsblatt aufgenommen werden. Auch hier gibt der europäische Gesetzgeber wieder vor, welche Risikofaktoren in Betracht zu ziehen sind. Danach müssen anlageentscheidungsrelevante Informationen über die angebotenen Wertpapiere erteilt werden. Die klaren Vorgaben helfen den Beteiligten, alle rechtlich erforderlichen Informationen in das KIIS aufzunehmen und leisten so einen wertvollen Beitrag zur Minimierung der Haftungsrisiken.

Rechtsanwalt Dr. Konrad Uhink

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