Feb. 17, 2025

Token Sale im MiCAR Zeitalter – Wie darf für eine Token Emission geworben werden?

Seit die neue Verordnung zu Märkten in Kryptowerten (MiCAR) Ende letzten Jahres vollumfänglich Rechtsgeltung erlangt hat, haben sich auch die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an sog. Token Sale Events bzw. Initial Coin Offerings erheblich erweitert. Insbesondere gilt dies in Bezug auf die Emittenten von E-Geld-Token (EMT) und vermögenswertereferenzierte Token (sog. asset-referenced token, ART), jedoch auch für Emittenten von sonstigen Kryptowerten. Sofern keine durch die MiCAR vorgesehenen Ausnahmetatbestände in Anspruch genommen werden können, ist vom Anbieter der Kryptowerte vor dem öffentlichen Angebot über ein Token Sale Event ein ausführliches Kryptowerte-Whitepaper zu erstellen und zu veröffentlichen. Überdies müssen Anbieter neuer Kryptowerte nunmehr Complianceanforderungen erfüllen und insbesondere etwaige Interessenkonflikte ermitteln, vermeiden und offenlegen. MiCAR verpflichtet Anbieter darüber hinaus, ihre Marketingmitteilungen zu einem öffentlichen Angebot unter Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen zu gestalten und sie vor dem Start des Token Sales auf ihrer Website veröffentlichen. Marketingmitteilungen müssen als solche eindeutig erkennbar sein und einen konkret in der MiCAR vorformulierten Hinweis darauf enthalten, dass sie nicht von einer Behörde geprüft oder genehmigt wurden und der Anbieter die alleinige Verantwortung für ihren Inhalt trägt. In jedem Fall müssen etwaige Marketingmitteilungen mit den Angaben und Informationen aus dem zugrundeliegenden Kryptowerte-Whitepaper übereinstimmen. Aber was sind Marketingmitteilungen im Sinne der MiCAR eigentlich genau?

Was gilt als Marketingmitteilung im Sinne der MiCAR?

Modernes Marketing für Token Sale Events ist nur schwer vergleichbar mit Werbemaßnahmen, die Emittenten und Vertriebsdienstleister bei traditionellen Kapitalmarktemissionen durchführen. Die üblichen Marketingmaßnahmen vor Inkrafttreten der MiCAR nahezu vollständig online statt und reichen über Content-Marketing über in Fachportalen platzierte Artikel, Community-Building auf Social-Media-Kanälen oder die Überlassung digitaler Werbegeschenke wie beispielsweise NFTs. Deshalb stellt sich im Regime der MiCAR die Frage, ob diese Marketingmaßnahmen ebenfalls als Marketingmitteilungen gelten und damit Gegenstand der entsprechenden Kennzeichnungs- und Veröffentlichungspflichten nach MiCAR sind. Eine eigenständige Definition des Begriffs der Marketingmitteilung enthält die MiCAR selbst indes nicht. Ihren dem Verordnungstext vorangestellten Erwägungsgründen kann aber entnommen werden, dass Marketingmitteilungen zumindest auch Werbebotschaften und Marketingmaterialien umfassen sollen, die über Plattformen der sozialen Medien verbreitet werden. Nach dieser Aussage wären nicht notwendigerweise nur textliche Mitteilungen vom Begriff der Marketingmitteilung erfasst, sondern gegebenenfalls auch sonstige, moderne Werbemaßnahmen wie etwa sog. Memes oder Bilder. Weitere Unterfütterung muss der Begriff durch Auslegung erlangen. Insoweit bietet sich beispielsweise der Rückgriff auf die Definition der Werbung im Wertpapierrecht an, für deren Vorliegen jedenfalls eine gewisse Förderung des Zeichnungswillens durch eine Maßnahme erforderlich ist, die sich auf ein konkretes öffentliches Angebot von Wertpapieren bezieht. Diese Zielrichtung könnte man auch für die Auslegung der Marketingmitteilung im Sinne der MiCAR heranziehen.

Wie können Anbieter Memes und NFTs als Marketingmitteilung kennzeichnen?

Je moderner und unkonventioneller die einzelne Werbemaßnahme, desto schwieriger wird die Einhaltung der Vorgaben der MiCAR für die Kennzeichnung von Marketingmitteilungen. Insbesondere die Anbringung der eindeutigen und deutlich erkennbaren Verantwortlichkeitserklärung des Anbieters gemäß textlicher Vorgabe der MiCAR bereitet Schwierigkeiten, wo eventuell lediglich eine sehr begrenzte Anzahl an Zeichen möglich ist oder gar ausschließlich über einen Bildeindruck kommuniziert werden soll. Letztlich von der BaFin oder der ESMA zu klären wäre, ob insoweit mit Kurzlinks oder Sternchenverweisen gearbeitet werden darf, solange solche Behelfe nicht die deutliche Erkennbarkeit der Erklärung einschränken. Im Einzelfall könnten solche Verweislösungen sogar der Sichtbarkeit der aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Kennzeichnungen zuträglich sein, wenn auf diese Weise etwa eine Darstellung in Kleinstschriftgröße oder in farblich wenig auffälliger Gestaltung vermieden werden könnte. Solange es eine behördliche Verwaltungspraxis zu den Details der Marketingmitteilungsgestaltung unter MiCAR nicht gibt, wird für jede einzelne Werbemaßnahme zu Token Sales durch den Anbieter zu bewerten sein, ob eine Marketingmittelung vorliegt und wie konkret die dann anwendbaren Gestaltungspflichten umzusetzen sind.

Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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