Die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten ist in Deutschland schon lange finanzaufsichtsrechtlich reguliert. Dienstleister, die etwa Finanzkommissionsgeschäfte oder Eigenhandelsaktivitäten in Bezug auf Kryptowerte in Deutschland anbieten wollen, benötigen dafür eine BaFin Lizenz entweder nach dem Kreditwesengesetz (KWG) oder dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG). Auch die Vermittlung von Angebot und Nachfrage betreffend den Abschluss von Verträgen über Kryptotransaktionen oder der Betrieb von Kryptotauschplattformen sind als Anlagevermittlung oder als Betrieb eines multilateralen Handelssystems erlaubnispflichtig nach KWG oder WpIG. Unternehmen, die entsprechende Dienstleistungen in der Zukunft anbieten wollen, stehen aktuell vor der Frage, ob sich die Beantragung einer entsprechenden Erlaubnis bei der BaFin überhaupt noch lohnt. Denn die neue EU-Verordnung über Märkte in Kryptowerten (MiCAR) wird ab ihrer Geltung 18 Monate nach Verkündung im Amtsblatt der EU ein eigenständiges Erlaubnisregime für Kryptodienstleister einführen. In spätestens etwa zwei Jahren wird daher in jedem Fall die Möglichkeit bestehen, eine Erlaubnis für die Erbringung von Kryptodienstleistungen nach der MiCAR bei der BaFin zu beantragen. Kryptohandelsaktivitäten werden dann grundsätzlich nach den Vorschriften der MiCAR reguliert sein.
BaFin Erlaubnisantrag nach KWG oder WpIG ist weiterhin sinnvoll
Die Beantragung einer Erlaubnis nach dem KWG oder dem WpIG für Unternehmen, die die Erbringung von Kryptodienstleistungen planen, ist in vielen Fällen nach wie vor sinnvoll. Zum einen fehlt es ambitionierten Unternehmen mit schlüssigen Geschäftsmodellen regelmäßig an Zeit, um auf die Geltung der neuen MiCAR warten zu können. Darüber hinaus werden nach den Vorschriften der MiCAR Unternehmen keine zusätzliche Erlaubnis nach der MiCAR benötigen, wenn sie bereits über eine entsprechende Erlaubnis nach der europäischen Wertpapierregulierung in Bezug auf Finanzinstrumente verfügen. Im Ergebnis werden beispielsweise Wertpapierinstitute mit der Lizenz für das Finanzkommissionsgeschäft und den Eigenhandel diese Aktivitäten auch in Bezug auf Kryptowerte im Sinne der MiCAR erbringen dürfen, ohne eine zusätzliche MiCAR Erlaubnis beantragen zu müssen. Dies wird zur Folge haben, dass deutsche Wertpapierinstitute ihre Erlaubnisse unmittelbar ab Geltung der MiCAR in ganz Europa auch in Bezug auf Kryptowerte werden nutzen können. Die nach deutschem Aufsichtsrecht erteilten BaFin Lizenzen werden somit zukünftig auch im Bereich von Kryptodienstleistungen passportfähig sein. Besonderheiten bestehen für die in Deutschland lediglich national im KWG regulierten Finanzdienstleistungen des Kryptoverwahrgeschäfts und der Kryptowertpapierregisterführung. Während nach der MiCAR die Kryptoverwahrung jedenfalls von Wertpapierinstituten mit der Erlaubnis für die Verwahrung von Finanzinstrumenten erbracht werden können soll, bezieht sich die Kryptowertpapierregisterführung allein auf die Registerführung zu Kryptowertpapiere nach dem deutschen Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG). Die Kryptowertpapierregisterführung kann daher auch zukünftig ausschließlich von der BaFin nach dem KWG erlaubt werden.
Für bestimmte Geschäftsmodelle wird MiCAR Erlaubnis nicht ausreichen
Im Einzelfall kann für bestimmte Geschäftsmodelle sogar eine MiCAR Lizenz nicht ausreichend sein. Dies wird beispielsweise der Fall sein, wenn ein Unternehmen Dienstleistungen in Bezug auf tokenisierte Wertpapiere im Sinne der europäischen Wertpapierregulierung nach der zweiten EU-Richtlinie über Märkte in Finanzinstrumenten (MiFID2) anbieten möchte. Denn Finanzinstrumente im Sinne von MiFID2 sollen gerade nicht durch die MiCAR reguliert werden. Dies soll auch dann gelten, wenn ein von MiFID2 erfasstes Finanzinstrument tokenisiert wird, also auf einer Blockchain transferierbar ist. Unternehmen, die daher tokenisierte Finanzinstrumente im Sinne der MiFID2-Regulierung handeln wollen, werden dafür auch im Zeitalter der MiCAR eine finanzaufsichtsrechtliche Erlaubnis nach dem KWG oder dem WpIG benötigen. Eine Erlaubnis nach der MiCAR wird für die Umsetzung solcher Geschäftsmodelle hingegen nicht geeignet sein. Im Ergebnis lohnt sich die Beantragung einer Erlaubnis nach dem KWG oder dem WpIG in Deutschland in den meisten Fällen nach wie vor für Unternehmen mit Geschäftsmodellen im Zusammenhang mit Kryptowerten.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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