Der Europäische Markt ist auch für Kryptodienstleister interessant, die nicht in der Europäischen Union ansässig sind. Insbesondere marktführende Kryptohandelsplätze aus den USA oder aus Asien können es sich nicht leisten, ihre Dienste nicht auch europäischen Kunden anbieten, wenn sie auch in Zukunft ihre Vormachtstellung im weltweiten Kryptomarkt nicht verlieren wollen. Vor diesem Hintergrund stellt sich sowohl für Kryptodienstleister aus den USA und Asien, aber auch aus der Schweiz und UK die Frage, welche Möglichkeiten sich für sie ergeben, um unter Geltung der MiCAR künftig ihre Kryptodienstleistungen auch europäischen Kunden anbieten zu können. Im Sommer diesen Jahres äußerte sich die European Securities and Markets Authority (ESMA) zu diesem Thema und engte die Möglichkeiten insbesondere für Kryptobörsen aus Drittstaaten weiter ein. Sofern kein reines Reverse Solicitation Geschäft betreiben werden soll, bei dem in keiner Weise eine Initiative zur Geschäftsanbahnung vom Kryptodienstleister ausgehen darf, soll nach Empfehlung der ESMA an die zuständigen Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedstaaten – in Deutschland die BaFin – unter Geltung der MiCAR erforderlich sein, dass Handelsplattformen für Kryptowerte aus Drittstaaten eigenständige europäische Unternehmen gründen, mit diesen eine MiCAR Zulassung beantragen und das gesamte Europageschäft sodann über diese Gesellschaften laufen lassen. Nicht gewollt ist das Angebot von Kryptodienstleistungen in einer Weise, in der die europäische Einheit lediglich als Intermediär zwischen den europäischen Kunden und den Unternehmen aus einem Staat außerhalb der Europäischen Union agiert und die eigentliche Dienstleistung letztlich außerhalb der EU erbracht wird.
MiCAR Lizenz nicht für bloße Brokerageeinheiten von Kryptodienstleistern aus Drittstaaten
Nach den Vorschriften der MiCAR können nur Antragsteller aus der EU eine Zulassung für Kryptowertedienstleistungen erhalten, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben. Der Verordnungsgeber möchte so sicherstellen, dass Kryptodienstleistungen in Europa ausschließlich unter Beachtung der Regeln er MiCAR erbracht werden können. Die ESMA sieht insoweit die Gefahr, dass Kryptodienstleister aus Drittstaaten in Europa eine reine Briefkastenfirma gründen könnten, um mit dieser Gesellschaft einen Antrag auf Erteilung einer MiCAR Zulassung für Brokeragedienstleistungen wie etwa die Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden oder die Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden einzuholen. Diese Gesellschaft würde dann nach Erteilung der beantragten MiCAR Erlaubnis Geschäft mit europäischen Kunden an einen außerhalb des Geltungsbereichs der MiCAR betriebenen Handelsplatz für Kryptowerte vermitteln oder weiterleiten. Die strengen Compliancepflichten für Handelsplattformen für Kryptowerte nach MiCAR könnten so umgangen werden, was nach Auffassung der ESMA erhebliche Nachteile für den Verbraucherschutz im Kryptomarkt der Europäischen Union mit sich bringen würde. Die ESMA rät der BaFin und den zuständigen Aufsichtsbehörden daher, im Zulassungsverfahren nach MiCAR zu prüfen, ob eine solche Konstellation vorliegt und erforderlichenfalls die beantragte Erlaubnis nicht zu erteilen.
ESMA rät zu sorgfältiger Einzelfallprüfung und nennt Anhaltspunkte für unrechtmäßige Kundenansprache
Letztlich rät die ESMA den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden und so auch der BaFin zu einer sorgfältigen Einzelfallprüfung, in der es darum geht zu klären, ob eine Fallkonstellation im Ergebnis so auszulegen ist, dass letztlich nach MiCAR erlaubnispflichtige Kryptodienstleistungen europäischen Kunden aus einem Drittstaat angeboten werden. Zu berücksichtigen ist bei dieser Prüfung allerdings, dass die MiCAR selbst Kryptodienstleistern nicht untersagt, Kundenaufträge auf Handelsplattformen oder sonstigen Händlern in Drittstaaten auszuführen. Erst dann, wenn die Gesamtgestaltung darauf schließen lässt, dass der Anbieter aus dem Drittstaat unter Verstoß gegen die Zulassungspflichten der MiCAR europäische Kunden anspricht, um die strengen aufsichtlichen Pflichten der MiCAR zu umgehen, soll nach Meinung der ESMA eine Versagung der Zulassung in Betracht kommen. Auch wenn es sich stets um eine Einzelfallprüfung handelt, formuliert die ESMA einige Anhaltspunkte, die im Einzelfall für eine unrechtmäßige Gestaltung sprechen können. Danach sollen zuständige nationale Aufsichtsbehörden insbesondere prüfen, ob ein in der EU zugelassener Broker systematisch Kundenaufträge zur Ausführung an ein Unternehmen außerhalb der EU weitergibt. Ebenso soll zu berücksichtigen sein, ob ein EU-Broker Kundenaufträge vor Weitergabe analysiert und prüft, ob andere geeignete Ausführungsplätze in Frage kommen können. Ein weiterer Hinweis kann nach Auffassung der ESMA vorliegen, wenn ein EU-Broker die Marke eines Nicht-EU-Anbieters nutzt, um Kunden zu gewinnen, sofern den Kunden die Differenzierung erschwert wird, dass die Dienste des Brokers und nicht des Nicht-EU-Anbieters genutzt werden. Schließlich ist nach ESMA ein Hinweis auf eine missbräuchliche Gestaltung, wenn der in der EU zugelassene Broker eine nicht marktgerechte, zu geringe Vergütung für seine Leistungen erhält.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
Zuständiger Anwalt für die Beantragung einer MiCAR Zulassung und Möglichkeiten für Kryptodienstleister aus Drittstaaten zum Eintritt in den europäischen Markt in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London).
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