In Deutschland benötigen Unternehmen für den gewerblichen Umgang mit Kryptowerten in vielen Fällen eine Erlaubnis der BaFin, soweit die von ihnen angebotenen Dienstleistungen als Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen qualifizieren. Der Betrieb von Tauschplattformen beispielsweise, die Nutzern einen Handel mit Kryptowährungen ermöglichen, wird regelmäßig entweder als Betrieb eines multilateralen Handelssystems oder jedenfalls als Anlagevermittlung oder Eigenhandel erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen darstellen. Neben der Einordnung einer Aktivität als Finanzdienstleitung oder Bankgeschäft ist für das Vorliegen einer Erlaubnispflicht nach § 32 des Kreditwesengesetzes (KWG) jedoch auch erforderlich, dass der betreffende Anbieter seine Leistungen gewerblich und im Inland anbietet. Während eine Gewerblichkeit von der BaFin schon bei nicht nur vorübergehender Leistungserbringung mit Gewinnerzielungsabsicht angenommen wird, ist ihre Verwaltungspraxis zum vom Gesetz geforderten Inlandsbezug etwas differenzierter. So bejaht die Aufsichtsbehörde den Inlandsbezug stets, wenn der Anbieter seinen Geschäftssitz in Deutschland hat. Daneben kann der Inlandsbezug aber auch vorliegen, wenn der Anbieter sich aus dem Ausland wiederholt und zielgerichtet mit seinem Angebot von Bank- bzw. Finanzdienstleistungen an potenzielle Kunden auf dem deutschen Markt richtet.
INTERNETAUFTRITT IN DEUTSCHER SPRACHE KANN ERLAUBNISPFLICHT NACH § 32 KWG AUSLÖSEN
Die BaFin beurteilt das Vorliegen eines Inlandsbezugs im Sinne des § 32 KWG stets auf der Grundlage einer Bewertung des Einzelfalls. Ein sehr häufiges Indiz für einen Inlandsbezug im Sinne der Erlaubnispflicht ist dabei gerade bei Onlineangeboten eine Internetseite in deutscher Sprache. Da es in der Europäischen Union neben Deutschland jedoch noch weitere Länder gibt, in denen Deutsch gesprochen wird, kommt es in solchen Fällen häufig auf eine Gesamtbetrachtung und die Details des Einzelfalls an. Handelt es sich etwa um ein österreichisches Unternehmen, wird eine in deutscher Sprache angebotene Internetseite nicht automatisch als ein Angebot von Dienstleistungen auch an deutsche Kunden gewertet werden können. In solchen Fällen fragt sich, ob die BaFin von den Anbietern verlangen kann, die Internetseite durch Geoblocking-Maßnahmen für Internetnutzer mit deutscher IP-Adresse unerreichbar zu machen.
GEOBLOCKING-VERORDNUNG VERBIETET ANBIETERN GEOBLOCKING-MASSNAHME
Anbieter innerhalb der Europäischen Union unterfallen dem Anwendungsbereich der EU-Geoblocking-Verordnung. Die unmittelbar gegenüber den Anbietern Rechtswirkung entfaltende EU-Verordnung soll nach ihrer Zielrichtung den europäischen Binnenmarkt stärken und Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung entgegenwirken. Konkret verbietet die Geoblocking-Verordnung Anbietern unter anderem, den Zugang von potenziellen Kunden zu Online-Benutzeroberflächen aus Gründen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden durch technische Mittel oder auf anderem Wege zu sperren oder zu beschränken. Durch die Anwendung von Geoblocking-Maßnahmen würden Kryptotauschplattformen und sonstige Finanzdienstleister aus EU-Mitgliedstaaten deshalb gegen geltendes EU-Recht verstoßen. In diese Lage dürfte sie die BaFin durch ihre Verwaltungspraxis nicht bringen.
KEIN VORRANG DES DEUTSCHEN BANKAUFSICHTSRECHTS
Das Diskriminierungsverbot der Geoblocking-Verordnung gilt nach einem in der Verordnung vorgesehenen Ausnahmetatbestand nicht, wenn die Sperrung oder Zugangsbeschränkung erforderlich ist, um die Erfüllung von Anforderungen nationalrechtlicher Bestimmungen zu gewährleisten, soweit diese mit Unionsrecht vereinbar sind. Die Erlaubnispflicht für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nach deutschem Aufsichtsrecht kann den Ausnahmetatbestand jedoch nicht auslösen. Denn die Klarstellung, dass sich eine angebotene Dienstleitung nicht zielgerichtet an deutsche Kunden richten soll, kann beispielsweise auch durch sprachliche Kennzeichnungen und Disclaimer auf der Internetseite sowie durch Unterlassung von aktiven Marketingaktivitäten auf dem deutschen Markt erreicht werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die EU-rechtlich garantierte passive Dienstleistungsfreiheit, die es Anbietern auch nach der Verwaltungspraxis der BaFin erlaubt, Kunden aus Deutschland ohne Auslösung einer Erlaubnispflicht zu bedienen, wenn sich diese initiativ an den Anbieter wenden. Diese Geschäftsmöglichkeiten würden Anbietern unzulässigerweise genommen werden, würden sie durch die Aufsichtsbehörden zur Anwendung von Geoblocking-Maßnahmen gezwungen werden.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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