Europa bietet viele Vorteile. Für Finanzdienstleister aus Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sogar hochinteressante, wenn es um die Internationalisierung ihres Geschäftsmodells geht. Die über die Jahre ständig fortgeschrittene Harmonisierung der Gesetzgebung zur Finanzaufsicht und der Kapitalmärkte in der Europäischen Union ermöglicht es beaufsichtigten Banken und Finanzdienstleistern auch in anderen Mitgliedstaaten ihr Geschäft anbieten zu können, ohne zuvor im Zielland eine weitere Lizenz für den Geschäftsbetrieb der dortigen Finanzaufsichtsbehörde einholen zu müssen. Ist das Zielland ein Mitgliedstaat der Europäischen Union, reicht ein verhältnismäßig simples Notifizierungsverfahren aus, damit die Aufsicht einheitlich durch die Heimatbehörde erfolgt. Doch funktioniert das auch mit Krypto und Blockchain Geschäftsmodellen oder gibt es dabei Besonderheiten zu beachten?

GLEICHES RECHT FÜR ALLE – ABER NUR BEI GLEICHEN VORAUSSETZUNGEN

Grundsätzlich gilt gleiches Recht für alle. Ein nach den europäischen Richtlinien und Verordnungen erlaubnispflichtiges Geschäftsmodell muss von der zuständigen Aufsichtsbehörde erlaubt und anschließend beaufsichtigt werden. Eine spanische Bank muss ihre Tätigkeit daher ebenso wie ein französischer Finanzportfolioverwalter von der heimatlichen Aufsichtsbehörde gestatten lassen. Soll das Geschäft nach Deutschland ausgedehnt werden, kann das Unternehmen die harmonisierten europäischen Passporting-Regeln in Anspruch nehmen und seiner Heimataufsichtsbehörde anzeigen, dass es zukünftig auch auf dem deutschen Markt tätig sein möchte. Die Heimatbehörde setzt dann die deutsche BaFin über das Vorhaben in Kenntnis, die den Markteintritt nur verbieten darf, wenn die in Frage stehenden Geschäfte nicht von der Heimaterlaubnis abgedeckt, also gar nicht beaufsichtigt werden.

UNEINHEITLICHE EUROPÄISCHE BLOCKCHAIN-REGULIERUNG ALS HINDERNIS FÜR DAS EU-PASSPORTING

Bei der Harmonisierung der Regeln der Finanzaufsicht hatte die Europäische Union immer die traditionellen Banken und Finanzdienstleister vor Augen. Blockchain-basierte Geschäftsmodelle werden demgegenüber in den einzelnen Mitgliedstaaten aufsichtsrechtlich unterschiedlich bewertet. Während in Deutschland Bitcoins und vergleichbare Kryptowährungen durch die BaFin nach wie vor als Rechnungseinheiten und damit als Finanzinstrumente eingeordnet werden, stellen sie in den meisten anderen Mitgliedstaaten keine Finanzinstrumente dar. Demzufolge können Geschäftsmodelle mit Bezug zu Kryptowährungen wie z.B. der Betrieb von Krypto Exchanges oder Bitcoin ATMs in Deutschland eine BaFin Erlaubnis erfordern, während sie in anderen europäischen Ländern erlaubnisfrei betrieben werden können. Ein österreichischer Anlageberater, der in Bezug auf sein Beratungsgeschäft von der in Österreich zuständigen FMA beaufsichtigt wird, benötigt daher trotzdem eine eigenständige BaFin Lizenz, wenn er in Deutschland seinen Kunden Investitionen in Bitcoins empfehlen möchte. Ein Passporting seiner österreichischen FMA Zulassung scheitert daran, dass die Empfehlung von Investitionen in Bitcoins in Österreich kein erlaubnispflichtiges Geschäft ist und deshalb nicht von der FMA beaufsichtigt wird. Würde die BaFin das Geschäft ohne inländische Erlaubnis zulassen, bliebe die Bitcoin-bezogene Anlageberatung unbeaufsichtigt.

EIGENE BAFIN ERLAUBNIS ODER ZUGELASSENER KOOPERATIONSPARTNER ALS ALTERNATIVEN

Der deutsche Markt bleibt dennoch auch für Blockchain Unternehmen ein interessantes Zielland. Die Wirtschaft ist stark und die potenziellen Kunden liquide. Der Markteintritt eines in Deutschland erlaubnispflichtigen Geschäftsmodells kann sich daher auch dann lohnen, wenn zuvor eine BaFin Zulassung eingeholt werden muss. Da ein Erlaubnisverfahren bei der BaFin sowie die anschließende laufende Aufsicht für Unternehmen einen gewissen administrativen und finanziellen Aufwand bedeutet, kann eine Kooperation mit bereits zugelassenen Banken oder Finanzdienstleistungsinstituten in Einzelfällen eine sinnvolle Alternative zur eigenen Zulassung sein. In den letzten Jahren haben sich einige Banken in Deutschland auf solche Kooperationen zur Bereitstellung von regulatorischen Infrastrukturen spezialisiert. Ob eine solche Lösung für ein konkretes Blockchain Geschäftsmodell in Betracht kommen kann, hängt von den Details des Vorhabens ab und muss im Einzelfall geprüft und entschieden werden. Unabhängigkeit von Kooperationspartnern kann demgegenüber nur über die Beantragung einer eigenen BaFin Lizenz erreicht werden, jedoch muss das Unternehmen dafür die regulatorischen Anforderungen der BaFin erfüllen.

Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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