Wertpapierprospekt

Der Wertpapierprospekt bei einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren

Wer in Deutschland oder innerhalb in der Europäischen Union ein Wertpapier öffentlich anbieten möchte, muss einen Wertpapierprospekt nach der Verordnung (EU) 2017/1129 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist (Prospektverordnung) erstellen. Als Wertpapier qualifizieren klassisch verbriefte Schuldtitel wie Anleihen, Genussscheine, Zertifikate und Aktien. Auch tokenisierte Finanzprodukte können als Wertpapiere sui generis qualifizieren. Entscheidend für die Qualifikation als Wertpapier sui generis ist, dass die Token übertragbar und an den Finanzmärkten handelbar sind und dass die Token wertpapierähnliche Rechte verkörpern. Ein öffentliches Angebot eines Wertpapiers liegt vor, wenn eine Mitteilung an die Öffentlichkeit erfolgt, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Erwerb der Wertpapiere zu entscheiden. In diesem Fall muss ein Wertpapierprospekt erstellt werden, der in Deutschland von der BaFin zu billigen ist. Die Prospektverordnung sieht auch die Möglichkeit vor, einen Prospekt in andere Mitgliedstaaten der EU zu notifizieren (sogenanntes Passporting). Hierdurch kann der Prospekt auch für grenzüberschreitende Angebote verwendet werden.

Kein Wertpapierprospekt erforderlich in bestimmten Ausnahmefällen

Nicht jedes Angebot eines Wertpapiers verlangt die Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts. Die Prospektverordnung sieht insoweit bestimmte Ausnahmetatbestände vor. Ein Prospekt muss beispielsweise nicht erstellt werden, wenn sich das Angebot ausschließlich an qualifizierte Anleger, also an professionelle Investoren, richtet. Ebenso wenig ist ein Wertpapierprospekt zu erstellen, wenn das Angebot der Wertpapiere sich an weniger als 150 Personen richtet. Soweit das Wertpapier eine Stückelung von mindestens EUR 100.000 oder der Mindestzeichnungsbetrag für den Erwerb von Wertpapieren mindestens bei EUR 100.000 liegen, benötigt der Emittent für das öffentliche Angebot ebenfalls keinen Wertpapierprospekt nach der EU Prospektverordnung. Beträgt das Emissionsvolumen eines Wertpapierangebots im Gesamtgegenwert im Europäischen Wirtschaftsraum nicht mehr als 8 Millionen Euro, berechnet über einen Zeitraum von zwölf Monaten, müssen Emittent und Anbieter der Wertpapiere ebenfalls keinen Wertpapierprospekt erstellen und billigen lassen. In Deutschland ist dann aber anstelle des Wertpapierprospekts ein Wertpapierinformationsblatt (WIB) zu erstellen. Zudem ist erforderlich, dass der Vertrieb der Wertpapiere auf der Grundlage eines WIB nur über ein Unternehmen erfolgt, das über die BaFin Lizenz für die Anlageberatung oder Anlagevermittlung verfügt.

Inhaltliche Angaben im Wertpapierprospekt

Der Prospekt muss inhaltlich die Informationen enthalten, die für den Anleger wesentlich sind, um sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Gewinne und Verluste, die Finanzlage und die Aussichten des Emittenten des Wertpapiers sowie eines etwaigen Garantiegebers bilden zu können. Der Wertpapierprospekt soll ferner die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte und die Gründe für die Emission und ihre Auswirkungen auf den Emittenten darstellen. Dementsprechend beinhaltet der Wertpapierprospekt regelmäßig wertpapier- und emittentenbezogene Risikofaktoren, eine Beschreibung des Emittenten und dessen Tätigkeit, sowie eine Darstellung von historischen Finanzinformationen. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) besteht darüber hinaus die Möglichkeit einen sogenannten EU-Wachstumsprospekt zu erstellen. Dessen inhaltliche Anforderungen sind geringer als bei einem regulären Wertpapierprospekt.

Zuständiger Anwalt für Fragestellungen rund um den Wertpapierprospekt in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Dr. Konrad Uhink.

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