Kapitalmarktrecht – Die Geldaufnahme über den Kapitalmarkt und dessen Anforderungen
Wer als Emittentin von Finanzinstrumenten von einer Vielzahl von Investoren über den Kapitalmarkt Geld aufnehmen möchte, muss hierfür regelmäßig ein kapitalmarkrechtliches Informationsdokument erstellen und veröffentlichen. Abhängig vom Emissionsvolumen kann hierfür ein mehrseitiger Wertpapierprospekt nötig sein. Bei kleineren Emissionsvolumina kann eine Emission auch mit einem drei- bis vierseitigen Wertpapierinformationsblatt (WIB) oder Basisinformationsblatt (BIB) erfolgen. Mit Ausnahme des Basisinformationsblatts müssen die anderen Dokumente von der BaFin vor ihrer Veröffentlichung gebilligt werden. Von der Pflicht zur Erstellung eines Informationsdokuments gibt es im Einzelfall Ausnahmen, wenn etwa nur ein begrenzter Kreis oder lediglich professionelle Investoren mit einem öffentlichen Angebot angesprochen werden sollen. Das für die Transaktion relevante Informationsdokument muss regelmäßig Angaben über die Emittentin und deren Geschäftstätigkeit enthalten. Investoren müssen über die Risiken aufgeklärt werden, die mit einem Investment in das angebotene Finanzinstrument einhergehen. Neben der Möglichkeit einen für eine Emission spezifischen Kapitalmarktprospekt zu erstellen, können Emittentinnen einen sogenannten Basisprospekt erstellen, sofern sie die regelmäßige Geldaufnahme über den Kapitalmarkt planen. Wenn dieser von der BaFin gebilligt wurde, besteht die Möglichkeit in kurzer Zeit Ziehungen unter dem Basisprospekt zu vollziehen und Finanzinstrumente öffentlich anzubieten.
Kapitalmarktprospekt meistens auch bei Security Token Offering erforderlich
Die Pflicht zur Erstellung von einem Wertpapierprospekt oder einem anderen Informationsdokument kann auch entstehen, wenn die angebotenen Finanzinstrumente tokenisiert werden. Die BaFin behandelt Token wie Wertpapiere, wenn sie übertragbar, handelbar an einem Finanzmarkt und mit wertpapierähnlichen Rechten ausgestattet sind. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, geht die BaFin von einem tokenisierten Wertpapier aus, für dessen erstes öffentliches Angebot am Kapitalmarkt ein Wertpapierprospekt nach der Prospektverordnung zu erstellen und von der BaFin zu billigen ist. Kein Wertpapierprospekt ist zu erstellen, wenn ein in der Prospektverordnung vorgesehener Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Kann ein Token nicht als Wertpapier eingeordnet werden, können im Einzelfall trotzdem Prospektpflichten nach anderen kapitalmarktrechtlichen Aufsichtsregimen wie dem Vermögensanlagengesetz oder dem Kapitalanlagegesetzbuch ausgelöst werden. Auch in solchen Fällen sieht das Gesetz Ausnahmetatbestände vor, die im Einzelfall zu einer Prospektfreiheit für Finanzierungsprojekte führen können.
Eigenvertrieb oder Vertrieb durch professionelle Finanzdienstleister
Sollte sich eine Emittentin im Rahmen eines kleinvolumigen öffentlichen Angebots dazu entschieden haben, ein Wertpapierinformationsblatt (WIB) bzw. ein Basisinformationsblatt (BIB) zu erstellen, muss der Vertrieb nach den gesetzlichen Vorschriften durch ein Wertpapierinstitut im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung erfolgen. Dieser Finanzdienstleister muss darauf achten, dass die im Gesetz vorgesehenen Höchstgrenzen, die von einem Anleger investiert werden dürfen, eingehalten werden. Soweit eine Emittentin demgegenüber einen von der BaFin gebilligten ausführlichen Wertpapierprospekt verwendet, kann sie die angebotenen Finanzinstrumente auch in Eigenregie vertreiben. Bei der Vermarktung der Finanzinstrumente ist darauf zu achten, dass die im Gesetz vorgegebenen Regelungen zur Werbung eingehalten werden. Eine Werbung muss beispielsweise Bezug auf das veröffentlichte Informationsdokument (z.B. den Wertpapierprospekt) nehmen und darf diesem inhaltlich nicht widersprechen. Wird das in Frage stehende Finanzinstrument an einer Börse oder einem anderen Handelssystem gehandelt, müssen unter Umständen die Vorschriften der Markmissbrauchsverordnung (MAR) etwa zum Insiderrecht beachtet werden.
Zuständiger Anwalt für alle Fragen rund um das Kapitalmarktrecht in unserer Kanzlei ist Dr. Konrad Uhink.