Nach der Grundidee von Satoshi Nakamoto sollte Bitcoin als ein elektronisches peer-to-peer Bezahlsystem ausgestaltet werden, das ohne Beteiligung von Zahlungsabwicklern wie Banken direkt zwischen den Nutzern funktioniert. Die massiven Wertzuwächse seit der Schürfung des ersten Bitcoin auf zwischenzeitlich knapp 20.000 Euro pro Stück haben Bitcoin ebenso wie andere, nach dem Vorbild von Bitcoin ins Leben gerufene Kryptowährungen allerdings zunächst in erster Linie als neue Assetklasse für spekulative Investments erscheinen lassen. Nichts desto trotz gibt es inzwischen zahlreiche Anbieter, die ihren Kunden die Möglichkeit bieten, in USD, Euro oder sonstiger Rechnung gestellte Rechnungen mit Kryptowährung zu bezahlen. Die Dienstleister lassen sich von den Rechnungsempfängern den Gegenwert des in der jeweiligen Rechnung ausgewiesenen Betrags in Kryptowährung übermitteln, tauschen die Kryptowährungen in die in der Rechnung ausgewiesene Fiatwährung um und überweisen dem Rechnungsaussteller anschließend den Rechnungsbetrag auf dessen Bankkonto. Würde dieses Geschäftsmodell ausschließlich mit Devisen und gesetzlichen Zahlungsmitteln betrieben, läge in der Entgegennahme der Gelder vom Rechnungsempfänger und der anschließenden Weiterleitung an den Rechnungsaussteller ein Finanztransfergeschäft, das nach dem deutschen Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) einen erlaubnispflichtigen Zahlungsdienst darstellen würde. Aber weshalb ist die Dienstleistung nicht als Finanztransfergeschäft reguliert, wenn der Rechnungsempfänger mit Kryptowährungen zahlt?
ZAHLUNGSDIENSTE BEZIEHEN SICH NUR AUF GESETZLICHE ZAHLUNGSMITTEL UND E-GELD
Das ZAG reguliert die Erbringung von Zahlungsdiensten wie beispielsweise Ein- und Auszahlungsgeschäfte an Geldautomaten, die Ausführung von Überweisungsaufträgen mit und ohne Kreditgewährung, die Ausgabe von Zahlungskarten und sonstigen Zahlungsinstrumenten oder eben Finanztransfergeschäften. Diese Dienstleistungen beziehen sich jedoch sämtlich nur auf Zahlungsvorgänge, die sich auf Gelder im Sinne von gesetzlichen Zahlungsmitteln oder E-Geld beziehen. Diese Einschränkung ist zwar nicht direkt im ZAG geregelt. Sie ergibt sich jedoch aus einem Rückgriff auf die zweite Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2), die die europäische Grundlage für das deutsche ZAG darstellt. In Artikel 4 Nr. 25 der PSD2 ist geregelt, dass Geldbeträge im Sinne der Richtlinie nur Banknoten und Münzen, Giralgeld oder E-Geld im Sinne der E-Geld-Richtlinie sind. Kryptowährungen, wie Bitcoin, Litecoin, IOTA oder Monero stellen damit nach dem Wortlaut der Definition keine Geldbeträge dar und sind demnach vom Anwendungsbereich der PSD2 nicht als tauglicher Gegenstand von Zahlungsvorgängen erfasst. Anders läge der Fall, sollte es zukünftig beispielsweise Giralgeld geben, das über eine Blockchain-Lösung abgebildet wird, wie es aktuell beispielsweise von der chinesischen und russischen Zentralbank erwogen wird. Auch E-Geld auf Blockchain-Basis würde die Definition von Geldbeträgen im Sinne des Artikel 4 Nr. 25 PSD2 erfüllen können. Solche Kryptowährungen könnten dann natürlich auch unter den Anwendungsbereich des deutschen ZAG fallen.
IST WEITERLEITUNG VON KRYPTOWÄHRUNGEN OHNE UMTAUSCH ALS DIENSTLEISTUNG ERLAUBNISPFLICHTIG?
Für Transaktionen von Kryptowährungen an einen vom Zahler ausgewählten Empfänger ohne Umtausch in andere Kryptowerte oder Zahlungsmittel, kann die Einschaltung eines Finanztransferdienstleisters nur in den seltensten Fällen sinnvoll sein. Eine Einschaltung würde im Prinzip nur dann einen wirtschaftlichen Zweck haben, wenn der Dienstleister beispielsweise als Treuhänder oder Mittelverwendungskontrolleur beauftragt würde. In solchen Fällen würde seine Aufgabe jedoch nicht primär in der Weiterleitung der Gelder, sondern in der Prüfung der von den Parteien vereinbarten Zahlungsvoraussetzungen bestehen. Werden Finanztransfergeschäfte nur als Nebenleistungen zu einer eigentlich anderen Hauptdienstleistung erbracht, hält die BaFin in bestimmten Fällen die Weiterleitungstätigkeit für nicht erlaubnispflichtig.
SIND FINANZTRANSFERGESCHÄFTE MIT UMTAUSCH VON KRYPTOWÄHRUNGEN IN FIATWÄHRUNGEN DANN ERLAUBNISFREI?
Auch wenn die Entgegennahme von Kryptowährungen eines Zahlers zum auftragsgemäßen Umtausch des Wertes in Fiatwährung und anschließender Überweisung an einen vom Zahler bestimmten Zahlungsempfänger kein Finanztransfergeschäft nach dem ZAG darstellt, ist jedenfalls der Umtausch der Kryptowährungen für sich genommen ein Handel mit Finanzinstrumenten, sofern die betreffenden Kryptowährungen als Rechnungseinheiten, Kryptowerte oder sonstige Finanzinstrumente nach dem Kreditwesengesetz einzuordnen sind. Dann kann der Umtausch bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen und je nach konkreter Ausgestaltung schnell als Finanzkommissionsgeschäft, Anlagevermittlung oder erlaubnispflichtiger Eigenhandel erlaubnispflichtig sein.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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