Seit Jahresanfang gibt es in Deutschland eine neue Art von regulierten Finanzinstrumenten. Mit Kryptowerten reguliert der deutsche Gesetzgeber jetzt digitale Darstellungen von Werten, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurden oder garantiert werden und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzen, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert werden oder Anlagezwecken dienen und die auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden können. Gewerbliche Tätigkeiten auf Basis oder im Zusammenhang mit solchen Instrumenten können deshalb seit diesem Jahr Erlaubnispflichten nach dem Kreditwesengesetz auslösen, die auf Seiten der Anbieter die Einholung einer BaFin Zulassung erforderlich machen. Doch welche Gegenstände und Produkte umfasst diese ausufernd wortreich geratene Definition von Kryptowerten eigentlich genau? Sind in Deutschland jetzt alle Blockchain-Einheiten als Finanzinstrumente reguliert und können deshalb BaFin Erlaubnispflichten auslösen, wenn sie Gegenstand bestimmter Dienstleistungen sind?
DEFINITION DER KRYPTOWERTE OHNE KONKRETEN BEZUG ZU BLOCKCHAIN
Das Hauptbeispiel für Kryptowerte ist der Bitcoin. Der Gesetzgeber hatte insbesondere die erfolgreichste Kryptowährung und mit ihr vergleichbare Blockchain-Einheiten im Sinn, als er sich für die Einführung der neuen Finanzinstrumentenkategorie entschied. Dennoch ist die Definition keinesfalls auf blockchain-basierte Werteinheiten beschränkt und nennt weder die Blockchain-Technologie noch sonstige Distributed Ledger-Technologien als zwingende technische Voraussetzung für Kryptowerte. Im Sinne eines technologieneutralen Ansatzes ist die Definition ausreichend abstrakt formuliert, um auch Wertdarstellungen erfassen zu können, die auf heute noch unbekannten, neuen Technologien basieren. Ebenso wenig fordert die Definition eine dezentrale Funktionsweise von Kryptowerten. Es ist deshalb auch möglich, dass Kryptowerte von einer zentralen Stelle ausgegeben werden, solange diese zentrale Instanz nicht eine Zentralbank oder öffentliche Stelle oder die konkrete Art der Ausgestaltung die digitale Wertdarstellung als E-Geld qualifiziert.
SIND CURRENCY TOKEN KRYPTOWERTE?
Dezentral ausgestaltete Kryptowährungen, die zu dem Zweck konzipiert worden sind als alternative Zahlungsmittel genutzt zu werden, stellen nach der Definition grundsätzlich Kryptowerte dar. Soweit jedoch beispielsweise über einen Smart Contract abgebildete Currency Token als E-Geld ausgestaltet werden, indem sie zwar über eine Blockchain ausgegeben und transferiert werden, der Emittent der Currency Token aber den jederzeitigen Rücktausch der Currency Token gegen gesetzliches Zahlungsmittel anbietet und die Token auch von anderen als dem Emittenten als Zahlungsmittel akzeptiert werden, schließt das Kreditwesengesetz in § 1 Abs. 11 Satz 4 eine Einordnung des Token als Kryptowert aus. Solche Currency Token stellen vielmehr E-Geld dar und werden auch als solches über das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz reguliert.
KÖNNEN UTILITY TOKEN KRYPTOWERTE SEIN?
Eine spannende Frage ist, ob die besonders in den Hochzeiten des ICO-Hypes Ende 2017 beliebten Utility Token, die letztlich dem Tokeninhaber keine monetären oder gesellschafterlichen Rechte einräumen, sondern ausschließlich innerhalb eines abgrenzbaren Geschäftsmodells etwa zur Bezahlung bestimmter Waren oder Dienstleistungen ausschließlich des Emittenten der Token oder als Gutscheine in einem solchen Rahmen eingesetzt werden können, Kryptowerte darstellen können. Auch solche Einheiten sollen nach der Ausnahmeregelung in § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG keine Kryptowerte sein, wenn sie beispielsweise nur für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen eines einzigen Anbieters oder in abgrenzbaren Händlernetzten (z.B. Einkaufszentrum) oder für ein sehr begrenztes Waren- oder Dienstleistungsspektrum eingesetzt werden können. Diese Ausnahme entspricht im Wesentlichen der Verwaltungspraxis der BaFin vor Einführung von Kryptowerten als Finanzinstrumente, die Utility Token grundsätzlich nicht als Rechnungseinheiten und damit auch nach altem Recht nicht als Finanzinstrumente einordnete.
WIE SIEHT ES MIT SECURITY TOKEN AUS?
Security Token, also digitale Werteinheiten, deren Inhaberschaft mit Investorenrechten wie z.B. Rendite- oder Rückzahlungsansprüchen verknüpft ist, stellen einen schwierigen Sonderfall dar. In der ersten Gesetzesbegründung des Bundesfinanzministeriums zum Gesetzesentwurf für Einführung von Kryptowerten hieß es, dass Kryptowerte gegenüber anderen Finanzinstrumenten nach dem Kreditwesengesetz subsidiär sein sollen, so dass Wertdarstellungen, die die Voraussetzungen eines anderen Finanzinstruments erfüllen nicht als Kryptowert, sondern als das jeweilige Finanzinstrument qualifizieren sollten. Der Gesetzeswortlaut in dem Entwurf sah auch eine entsprechende Subsidiarität von Kryptowerten vor. Auch der folgende Regierungsentwurf wollte nach seiner Begründung an der Subsidiarität festhalten, jedoch fand sie sich nicht mehr im vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut wieder. Deshalb ist nun fraglich, ob Security Token nun zugleich z.B. Schuldverschreibung und Kryptowert sein können. Sicher ist lediglich, dass Security Token entweder auf die eine oder die andere Weise Finanzinstrumente nach dem Kreditwesengesetz darstellen.
Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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