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Finanztransfergeschäft

Finanztransfergeschäfte als regulierte Tätigkeit nach dem ZAG

Ein sehr häufig unwissentlich angebotener erlaubnispflichtiger Zahlungsdienst ist das Finanztransfergeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG). Es liegt in Konstellationen vor, in denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos ein Dienstleister Gelder entgegennimmt, nur um sie an einen vom Zahler bestimmten Zahlungsempfänger oder an dessen Zahlungsdienstleister Gelder zu übermitteln. Spiegelbildlich dazu wird das Finanztransfergeschäft auch betrieben, wenn ein Dienstleister ohne Einrichtung eines Zahlungskontos Gelder für den vom Zahler bestimmten Zahlungsempfänger entgegennimmt und sie diesem verfügbar macht. Beide Varianten des Finanztransfergeschäfts erfordern die vorherige Einholung einer BaFin Lizenz für die Erbringung von Zahlungsdiensten nach § 10 Abs. 1 ZAG. Jedoch werden Finanztransfergeschäfte oft von Unternehmen erbracht, die entsprechende Dienstleistungen lediglich als Zusatzservice anbieten. So haben insbesondere Plattform-Betreiber, die Angebot und Nachfrage zusammenbringen, häufig ein Interesse daran, die zwischen den Plattform-Nutzern auf der Plattform erfolgenden Zahlungen abzuwickeln, indem sie sie entgegennehmen, um sie dann – gegebenenfalls unter Abzug eigener Gebühren – an den eigentlichen Zahlungsempfänger auszuzahlen. Werden solche Zusatzdienstleistungen erbracht, erfüllen sie in vielen Fällen die tatbestandlichen Voraussetzungen von Finanztransfergeschäften. Soweit Anbieter diese jedoch – wissentlich oder unwissentlich – ohne die dafür erforderliche Erlaubnis der BaFin nach § 10 Abs. 1 ZAG erbringen, kann die BaFin aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen, um die Geschäfte sofort einstellen und abwickeln zu lassen.

BaFin Lizenz für das Finanztransfergeschäft nach § 10 Abs. 1 ZAG

Unternehmen, die Finanztransfergeschäfte bewusst zum Gegenstand ihres Geschäftsmodells machen wollen, benötigen dafür grundsätzlich zuvor die schriftliche Erlaubnis der BaFin. Der Erlaubnisantrag muss den üblichen Anforderungen für Lizenzanträge nach dem ZAG genügen. Insbesondere muss der Antragsteller zwei fachlich geeignete und zuverlässige Geschäftsleiter vorweisen können, die ausreichend Zeit für ihre Leitungsaufgaben einbringen. Darüber hinaus müssen auch die hinter der antragstellenden Gesellschaft stehenden Inhaber zuverlässig sein. Die Geschäftsorganisation und die internen Kontrollen in der Gesellschaft müssen den aufsichtsrechtlichen Vorgaben insbesondere nach dem ZAG, dem GwG und der DORA genügen. Ebenso ist die Verwaltungspraxis der BaFin nach der ZAG-MaRisk zu beachten. Als regulatorisches Anfangskapital wird mindestens ein Betrag in Höhe von 20.000 Euro benötigt. Üblicherweise sieht die BaFin bei Finanztransfergeschäften regelmäßig ein erhöhtes Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiko, weshalb bei der Vorbereitung von Erlaubnisanträgen für Finanztransfergeschäfte besonderer Fokus auf die Geldwäschecompliance und die Schlüssigkeit der Darstellung des geplanten Geschäftsmodells gelegt werden sollte. Die Verfahrensdauer beträgt ab der Einreichung vollständiger Antragsdokumentation drei Monate, wobei die Frist im Fall von Nachforderungen jeweils neu zu laufen beginnt. Aus diesem Grund dauern Erlaubnisverfahren nach dem ZAG üblicherweise eher sechs bis zwölf Monate. Erheblichen Einfluss auf die tatsächliche Verfahrensdauer hat die Qualität der eingereichten Antragsunterlagen, weshalb bereits im Rahmen der Vorbereitung eines Antrags höchste Sorgfalt angewandt werden sollte.

Ausnahmen nach § 2 ZAG können erlaubnisfreie Finanztransfergeschäfte ermöglichen

Neben der Einholung einer eigenen Lizenz kann in Einzelfällen auch durch kluge Gestaltung eine Erlaubnisfreiheit durch die Inanspruchnahme eines Ausnahmetatbestands im Sinne von § 2 ZAG in Frage kommen. Diese Möglichkeit ist insbesondere interessant, wenn die Erbringung der Finanztransfergeschäfte nicht den Kern der eigentlich erbrachten Dienstleistung darstellt, sondern eher als Nebenprodukt mitangeboten werden soll. Eine relevante Ausnahme kann gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZAG etwa in Konstellationen greifen, in denen der Dienstleister über ein echtes Aushandlungs- oder Vertragsabschlussmandat vom Zahler oder Zahlungsempfänger verfügt und insoweit als Zentralregulierer oder Handelsvertreter agiert, wobei die BaFin diese Ausnahme restriktiv auslegt und es beispielsweise nicht ausreicht, wenn der Dienstleister auf beiden Seiten eines Vertrags über eine entsprechende Vollmacht verfügt. Für die Ausnahme ist nur Raum, wenn der Dienstleister entweder vom Zahler oder vom Zahlungsempfänger bevollmächtigt worden ist. Eine weitere Ausnahmemöglichkeit sieht etwa § 2 Abs. 1 Nr. 5 ZAG für bar abgewickelte Geldwechselgeschäfte, § 2 Abs. 1 Nr. 6 für bestimmte Zahlungsvorgänge unter Nutzung von Schecks, Wechseln oder sonstigen bestimmten Instrumenten in Papierform oder auch § 2 Abs. 1 Nr. 9 ZAG für Beiträge technischer Dienstleister zu Zahlungsdiensten vor, solange sie nicht selbst in den Besitz von Geldern kommen. Nicht selten kommen in der Praxis auch die in § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG geregelten Ausnahmetatbestände in Betracht. Danach gelten Dienstleistungen nicht als Zahlungsdienste, die auf Zahlungsinstrumenten beruhen, die nur für Zahlungen in Geschäftsräumen des Instrumentenherausgebers, in begrenzten Händlernetzten oder in einem sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrum eingesetzt werden können. Darüber hinaus sieht das ZAG zahlreiche weitere Ausnahmetatbestände für spezielle Geschäftsbereiche vor, die im Einzelfall einschlägig sein können.

Zuständiger Anwalt für die Beratung zur Beantragung von Erlaubnissen für Finanztransfergeschäfte bei der BaFin sowie zur aufsichtsrechtlichen Gestaltung von Geschäftsmodellen zur Vermeidung erlaubnispflichtiger Finanztransfergeschäfte ist Rechtsanwalt Dr. Lutz Auffenberg, LL.M. (London).

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