In Europa haben mittlerweile zahlreiche Kapitalmarktaufsichtsbehörden Verkaufsprospekte für Security Token Offerings gebilligt und damit das öffentliche Angebot von auf einer Blockchain abgebildeten Wertpapieren ermöglicht. Selbst in Deutschland, wo das Wertpapierrecht in weiten Teilen noch auf Urkunden in Papierform zurückgreift, gab es bereits mehrere erfolgreiche Billigungsverfahren bei der BaFin für Wertpapierprospekte zu Security Token. Zeitgleich kündigt der deutsche Gesetzgeber im Rahmen seiner Blockchain-Strategie die Einführung von elektronischen Schuldverschreibungen an und verspricht die Veröffentlichung eines Gesetzesentwurfs noch für das laufende Jahr. Die Blockchain-Technologie ist im Bereich des öffentlichen Angebots von Wertpapieren eindeutig auf dem Vormarsch und für Emittenten zu einer ernstzunehmenden Alternative zu klassischen urkundenbasierten Wertpapieremissionen geworden. STOs bieten den Emittenten in vielerlei Hinsicht Kostenersparnispotenziale etwa durch die Entbehrlichkeit einer Verwahrstelle für eine Sammelurkunde sowie durch die mögliche Automatisierung zahlreicher Emissionsprozesse, durch die auch die Tätigkeit von Zahlstellen entbehrlich gemacht werden kann. Doch eignet sich ein Security Token Offering auch in den Fällen, in denen Emittenten sich mit Ihrem Investitionsangebot an ein europäisches Anlegerpublikum wenden wollen?
VOLLWERTIGER WERTPAPIERPROSPEKT FÜR ALS WERTPAPIER QUALIFIZIERENDE TOKEN
Sofern ein Security Token aus Sicht der für die Prospektbilligung zuständigen Aufsichtsbehörde die Anforderungen an ein übertragbares Wertpapier im Sinne der EU Prospektverordnung erfüllt, muss der Emittent einen Wertpapierprospekt für das öffentliche Angebot der Token billigen lassen, anschließend veröffentlichen und bei der Aufsichtsbehörde hinterlegen. Erst dann darf er seine Token interessierten Anlegern zum Erwerb anbieten. Wie auch bei klassischen, in einer Papierurkunde verbrieften Wertpapieren, müssen STO Emittenten einen vollumfänglichen Wertpapierprospekt für ihr Angebot erstellen. Billigt die zuständige Aufsichtsbehörde den Wertpapierprospekt, handelt es sich um einen vollwertigen Wertpapierprospekt nach der EU-Prospektverordnung, der die gleichen Rechte und Pflichten wie ein Prospekt zu klassischen Wertpapieren auslöst. STO Prospekte sind deshalb nach denselben Regeln innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes passportfähig wie klassische Wertpapierprospekte. Für STO Emittenten bedeutet dies, dass sie ihren einmal gebilligten STO Prospekt auch in anderen Staaten des EWR nutzen können, sofern sie bei der für die Billigung zuständigen Aufsichtsbehörde eine entsprechende Notifizierung für das oder die gewollten Zielländer beantragt haben.
WIE GENAU FUNKTIONIERT DAS NOTIFIZIERUNGSVERFAHREN FÜR STO PROSPEKTE?
Möchte ein STO Emittent seinen gebilligten Wertpapierprospekt auch in weiteren EWR Mitgliedstaaten für das öffentliche Angebot seiner Security Token nutzen, muss er lediglich ein entsprechendes Ersuchen bei der Behörde stellen, die den Prospekt gebilligt hat. Die Billigungsbehörde wird dann innerhalb eines Arbeitstages die zuständige Behörde des Ziellandes und die ESMA darüber informieren, dass der STO Emittent einen den Vorgaben der EU-Prospektverordnung entsprechenden Wertpapierprospekt erstellt hat und ihr eine Kopie des gebilligten Prospekts zukommen lassen. Die Behörde des Ziellandes ist an die Einschätzung der Billigungsbehörde gebunden. Wenn also beispielsweise die BaFin einen Wertpapierprospekt für ein Security Token Offering billigt und der Emittent die Token auch in Österreich anbieten möchte, hat die österreichische FMA nach erfolgter Notifizierung durch die BaFin keine Möglichkeit, das öffentliche Angebot der Token als Wertpapiere in Österreich zu untersagen oder von dem Emittenten die Erstellung eines weiteren Wertpapierprospekts für das Angebot an österreichische Anleger zu verlangen. Hinsichtlich der Prospektsprache müssen von allen europäischen Aufsichtsbehörden Prospekte in einer in internationalen Finanzkreisen gängigen Sprache akzeptiert werden. Für europaweite STOs empfiehlt sich daher die Erstellung von englischsprachigen Prospekten.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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