In den letzten Wochen ist der Druck der Politik auf Facebook‘s Stablecoin Projekt Libra immer größer geworden. Regierungsvertreter wie zum Beispiel der deutsche Finanzminister Olaf Scholz und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire sehen eine Reihe von Problemen und fürchten systemische Risiken, sofern privatwirtschaftliche Unternehmen mit eigenen Zahlungsmitteln Alternativen zu staatlichen Währungen anbieten können. Sie drohen daher mit einem Verbot von Libra in Europa, noch bevor das Projekt umgesetzt ist. Nach derzeitiger Planung soll Libra durch einen hinter der Währung stehenden Währungs- und Staatsanleihenkorb gedeckt werden, um die Wertstabilität des Zahlungsmittels sicherzustellen. Die Administration von Libra soll über einen schweizerischen, von Facebook gegründeten Verein erfolgen, dem zahlreiche Weltunternehmen angehören, darunter unter anderem Paypal, Visa und Mastercard, aber auch Ebay, Uber und Spotify. Durch den Korbmechanismus soll Wertstabilität hergestellt werden. Eine direkte Anbindung an den Wert einer konkreten staatlichen Währung wie z.B. dem Euro soll es indes nicht geben. Aber wie genau stellt sich die Politik ein Verbot von Libra oder vergleichbaren Stablecoins vor?
WIE KÖNNTE EIN VERBOT VON LIBRA BEGRÜNDET WERDEN?
Ein Verbot von Libra oder anderen Stablecoins wäre in der rechtsstaatlich organisierten Europäischen Union nicht ohne eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage möglich. Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union hat zwar allein die Europäische Zentralbank das Recht zur Genehmigung der Ausgabe von Euro-Banknoten, die gleichzeitig auch das einzige gesetzliche anerkannte Zahlungsmittel in der Union sind. Libra würde jedoch weder auf Euro lauten noch den Status des gesetzlichen Zahlungsmittels beanspruchen. Auf nationaler Ebene stellt das Bundesbankgesetz die unbefugte Ausgabe von Geldzeichen unter Freiheitsstrafe, auch wenn sie nicht auf Euro lauten. Insofern stellt sich jedoch die Frage, ob unter Geldzeichen auch digitale Blockchain-Einheiten verstanden werden können oder sich das Verbot ausschließlich auf die vom Gesetz ausdrücklich genannten Marken, Münzen, Scheine oder anderen Urkunden bezieht. Ungeachtet dessen kann ein Verbot aber in jedem Fall nur so weit reichen, wie die Ausgabe von alternativen Zahlungsmitteln nicht ausdrücklich durch das Gesetz erlaubt wird.
KÖNNTE LIBRA E-GELD NACH DER ZWEITEN EUROPÄISCHEN E-GELDRICHTLINIE DARSTELLEN?
Ein Verbot von Libra in Europa würde deshalb ausscheiden, wenn der Stablecoin die Anforderungen an E-Geld nach der zweiten Europäischen E-Geldrichtlinie erfüllen, die Libra Association als Libra-ausgebende Stelle alle Anforderungen an eine E-Geld Erlaubnis erfüllen und einen entsprechenden Erlaubnisantrag in einem Europäischen Land auch stellen würde. E-Geld ist nach der Definition der E-Geldrichtlinie jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge durchzuführen, und der auch von anderen als dem Emittenten angenommen wird. Eine als Zahlungsmittel konzipierte Kryptowährung, die einen zentralen, zum Rücktausch verpflichteten Emittenten aufweist und gegen Bezahlung eines Geldbetrags erworben werden kann, wird daher in vielen Fällen als E-Geld einzuordnen sein und damit eine EU-rechtlich anerkannte Erscheinungsform von Geld darstellen. Sofern deshalb auch Libra bei entsprechender Konzeption nach EU-Recht als E-Geld zu qualifizieren wäre und die Libra Association alle gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung eines dann zu stellenden Antrags auf Erlaubnis zum Betrieb des E-Geldgeschäfts erfüllen würde, dürfte ein Verbot von Libra in Europa schwierig werden. Voraussetzung wäre insoweit natürlich, dass Libra tatsächlich eine Forderung gegen die Libra Association darstellen würden und dort jederzeit in gesetzliche Zahlungsmittel zurückgetauscht werden könnten.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
Newsletter abonnieren