März 17, 2025

DORA in der Praxis: Was sind kritische oder wichtige Funktionen und warum die Frage danach so wichtig ist.

Die Verordnung (EU) 2022/2554, auch bekannt als DORA, ist in Kraft getreten und stellt Finanzunternehmen vor neue Herausforderungen. Diese Verordnung zielt darauf ab, die Risiken zu minimieren, die aus der digitalen Transformation und der zunehmenden Vernetzung in der Finanz- und Versicherungsbranche resultieren. DORA legt den Fokus auf die Bewältigung von Bedrohungen wie Cyberangriffen und Betriebsunterbrechungen, um die operationale Resilienz zu stärken. Die Anforderungen, die DORA an Finanzunternehmen stellt, sind komplex und bringen einen erheblichen bürokratischen Aufwand mit sich. Dennoch fördert die Verordnung wichtige Mindeststandards im Bereich der digitalen operativen Resilienz. DORA wird durch technische Regulierungsstandards (RTS) und technische Durchführungsstandards (ITS) ergänzt, die von den Europäischen Aufsichtsbehörden ESA (EBA, EIOPA und ESMA) in Zusammenarbeit mit nationalen Aufsichtsbehörden entwickelt und von der Kommission erlassen werden. Viele dieser RTS sind bereits in Kraft getreten und bieten Finanzunternehmen konkrete Vorgaben zur Umsetzung der DORA-Anforderungen. Trotz der weitgehenden Anwendbarkeit von DORA und den RTS bleiben jedoch Unklarheiten in der Auslegung und Umsetzung im Einzelfall bestehen. Fehlende verbindliche Auslegungshinweise erschweren es den Finanzunternehmen, die zahlreichen neuen Pflichten zu erfüllen. In vielen Bereichen ist die Unsicherheit bei den Finanzunternehmen noch groß. Ein konkretes Beispiel für die bestehenden Schwierigkeiten, denen die Finanzunternehmen begegnen, findet sich bereits bei der vermeintlich simplen Aufgabe, ein Informationsregister zu erstellen, es korrekt auszufüllen und es sodann der BaFin rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Abseits der technischen Schwierigkeiten ist hier das größte Problem, dass die vorangestellte Frage beantwortet werden muss, ob eine Funktion, die von einem IKT-Drittdienstleister bereitgestellt wird, wichtig oder kritisch ist.

Wichtige oder kritische Funktion – Warum ist Einordnung praktisch relevant?

Was sind also kritische oder wichtige Funktionen im Sinne der DORA-Verordnung? Was eine Funktion im Sinne der DORA ist, definiert die Verordnung nicht. Möglicherweise hielt der europäische Gesetzgeber für selbstverständlich, was hiermit gemeint sein soll, und hat deshalb auf eine Definition verzichtet. Aus dem Kontext und den Zielsetzungen der Verordnung – nämlich die digitale operationale Resilienz des Geschäftsbetriebs zu stärken – lässt sich schließen, dass Funktionen im Sinne der DORA operative und geschäftliche Funktionen eines Finanzunternehmens meint. DORA definiert in Art. 3 Nr. 22 eine kritische oder wichtige Funktion als eine Funktion, deren Ausfall die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Finanzunternehmens oder die Solidität oder Fortführung seiner Geschäftstätigkeiten und Dienstleistungen erheblich beeinträchtigen würde oder deren unterbrochene, fehlerhafte oder unterbliebene Leistung die fortdauernde Einhaltung der Zulassungsbedingungen und -verpflichtungen eines Finanzunternehmens oder seiner sonstigen Verpflichtungen nach dem anwendbaren Finanzdienstleistungsrecht erheblich beeinträchtigen würde. Kurzgesagt sind dies Funktionen, deren Ausfall eine erhebliche Beeinträchtigung verursachen würde in Bezug auf: die finanzielle Leistungsfähigkeit, die Geschäftsfortführung oder regulatorische Vorgaben. Praktische Relevanz erlangt die Einordnung für IKT-Drittdienstleister, die eine solche kritische oder wichtige Funktion bereitstellen oder wesentliche Teile davon unterstützen. Hier gelten unter anderem wesentlich umfangreichere Anforderungen an die Vertragsgestaltung. Außerdem muss für nicht-kritische Funktionen im Informationsregister nur der direkte IKT-Drittdienstleister angegeben werden. Bei kritischen oder wichtigen Funktionen sind hingegen auch alle Unterauftragnehmer in der IKT-Dienstleistungskette zu erfassen.

Das Informationsregister und erste Hinweise der BaFin

Nach Art. 28 Abs. 3 DORA müssen Finanzunternehmen ein Informationsregister (Register of Information, abgekürzt „RoI“) führen, das sich auf alle vertraglichen Vereinbarungen über die Nutzung von durch IKT-Drittdienstleister bereitgestellten IKT-Dienstleistungen bezieht. Das Register soll den zuständigen Behörden jährlich zur Verfügung gestellt werden. Initial sind die Register am 11. April 2025 bei der BaFin einzureichen. Die Anforderungen an die Informationsregister werden durch die Durchführungsverordnung (EU) 2024/2956 der Kommission (RTS RoI) festgelegt. Die BaFin hat am 6. März 2025 einen Workshop zur Einreichung der Informationsregister veranstaltet, um den betroffenen Finanzunternehmen Hinweise und Hilfestellungen zu geben. Die BaFin ist sichtlich bemüht, die Finanzunternehmen bei der Umsetzung der DORA zu unterstützen. Die Informationsregister müssen als strukturierte Datei nach der Taxonomie der ESAs erstellt werden. Dagegen stellt die BaFin eine Excel-Vorlage zur Verfügung und akzeptiert auch Register, die mit dieser Vorlage erstellt wurden. Um insbesondere kleineren Finanzunternehmen die Einreichung zu erleichtern, übernimmt die BaFin die Konvertierung der ausgefüllten Excel-Vorlagen ins Zielformat. Auch zu der Frage, wie festgestellt werden kann, ob ein Unterauftragnehmer in der IKT-Dienstleistungskette im Informationsregister zu erfassen ist, hat sich die BaFin in dem Workshop geäußert. Die BaFin hat hierfür drei Orientierungsfragen vorgeschlagen:

  1. Besteht eine direkte Abhängigkeit zwischen der IKT-Dienstleistung und dem Unterauftragnehmer?
  2. Stellt der Unterauftragnehmer die Erbringung wesentlicher Teile der IKT-Dienstleistung zur Unterstützung einer kritischen oder wichtigen Funktion sicher?
  3. Könnte eine Störung beim Unterauftragnehmer die Sicherheit oder Kontinuität der IKT-Dienstleistung beeinträchtigen?

Die BaFin wies auch darauf hin, dass das Proportionalitätsprinzip sowie ein risikobasierter Ansatz zu berücksichtigen sind. Die von der BaFin vorgeschlagene Auslegung soll vorbehaltlich späterer widersprechender Interpretationen durch die ESAs gelten. Trotz der vorgeschlagenen systematischen Fragen bleiben Unsicherheiten für Finanzunternehmen. Schließlich müssen diese im Einzelfall entscheiden, ob ein Unterauftragnehmer in der Kette der Subunternehmer noch aufzunehmen ist oder nicht. Allein der Aufwand, alle Subunternehmer in der Kette ausfindig zu machen, ist schon ein Kraftakt. Hinzu kommt dann noch eine Abwägung für jeden Unterauftragnehmer.

Rechtsanwalt Anton Schröder

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Zuständiger Anwalt für Fragen zu DORA und IT-Recht in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London). Er wird unterstützt von Rechtsanwalt Anton Schröder.

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    März 12, 2025

    Die neue FIN LAW Website – Gewohnte Qualität im neuen Gewand

    Wir freuen uns den neuen Webauftritt von FIN LAW präsentieren zu können. Unsere Website ist nun schneller und moderner als zuvor und sieht darüber hinaus auch einfach besser aus. Natürlich hat die Umgestaltung der Website keine negativen Auswirkungen auf unsere Services, im Gegenteil: Insbesondere durch die übersichtlichere Gestaltung unseres Blogs haben es interessierte Websitebesucher noch leichter sich zu ihren jeweiligen Interessengebieten zu informieren. Die Beiträge zu den verschiedenen Themengebieten sind nun durch Schlagwörter miteinander verbunden. Das ermöglicht es dem interessierten Besucher, sich schnell und unkompliziert unsere Beiträge zu den jeweiligen Themengebieten anzeigen zu lassen, ohne sich durch alle unsere Blogbeiträge „durchklicken“ zu müssen. Wir wünschen allen Besuchern viel Spaß auf der neuen Seite.

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      März 11, 2025

      Erneute WiWO Auszeichnung für Lutz Auffenberg und FIN LAW

      Wir freuen uns, dass die renommierte WirtschaftsWoche (WiWO) erneut unseren Gründungspartner Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. als Top Anwalt im Bank- & Finanzrecht auszeichnet. Ebenfalls zum wiederholten Male wurde die Kanzlei FIN LAW insgesamt als Top Kanzlei im Bereich Bank- & Finanzrecht von der WiWo ausgezeichnet. Als Grundlage für die Auszeichnung führte das Handelsblatt Research Institute Befragungen bei insgesamt 1.900 Juristen aus 146 Kanzleien durch und wertete diese Befragung durch eine Expertenjury aus. Ausgezeichnet wurden schlussendlich 25 Kanzleien und 37 Anwälte. Wir sind ungemein stolz darauf, dass sowohl Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. als auch FIN LAW insgesamt es erneut geschafft haben in diesem prestigereichen Ranking nach ganz vorne zu kommen. Wir gratulieren auch allen weiteren ausgezeichneten Kanzleien, Kollegen und Kolleginnen und bedanken uns herzlich für das große Vertrauen und die Wertschätzung unserer Arbeit.

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        Nov. 20, 2024

        Rechtsanwalt Lutz Auffenberg kommentiert Art. 36 bis 47 MiCAR im Kalss/Krönke/Völkel

        Das FIN LAW Team wächst weiter und begrüßt Rechtsanwältin Anja von Rosenstiel, LL.M. (Boston University), M.A. (Viadrina) als of Counsel im Beraterteam. Rechtsanwältin Anja von Rosenstiel, LL.M. (Boston University), M.A. (Viadrina) wird unsere Mandantschaft an der Schnittstelle zwischen dem amerikanischen, europäischen und deutschem Bank- Wertpapier- und Finanzdienstleistungsrecht sowie in gesellschaftsrechtlichen Fragen beraten. Zudem wird Sie unsere inländischen und internationalen Mandanten im Bereich der nationalen und europäischen Kryptoregulierung sowie bei der Einholung von BaFin Lizenzen unter den Regulierungsregimen der MiCAR sowie des KWG und des WpIG unterstützen.

        Rechtsanwältin Anja von Rosenstiel, LL.M. (Boston University), M.A. (Viadrina) verfügt über eine langjährige Beratungserfahrung unter anderem in den Bereichen Kryptoregulierung, Lizenz- und Compliance beim Derivate- und Wertpapierhandel als auch bei der Erstellung von AGB für Finanzdienstleister. Darüber hinaus lehrt Rechtsanwältin Anja von Rosenstiel, LL.M. (Boston University), M.A. (Viadrina) als Attorney-at-Law (MA) und Lecturer of Law an der Boston University Law School. Weiter ist sie Research Fellow des US basierten Decentralization Research Centers. Ihre Arbeit konzentriert sich dabei auf gesellschaftsrechtliche Fragen beim Einsatz von Distributed Ledger Technologien in Gesellschaften und Stiftungen im Allgemeinen und Decentralized Autonomous Organisations („DAO“) im Besonderen. Nicht nur aus diesen Gründen sondern auch wegen Ihrer zuverlässigen und lösungsorientierten Arbeitsweise und ihrem angenehmen Auftreten sind wir stolz und froh, dass Anja von Rosenstiel unsere Kanzlei in Zukunft unterstützen wird.

        Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit Anja und sind uns sicher, dass unsere Mandanten von ihrer umfassenden Expertise profitieren werden.

        Das FIN LAW Team wächst weiter und begrüßt Rechtsanwältin Anja von Rosenstiel, LL.M. (Boston University), M.A. (Viadrina) als of Counsel im Beraterteam. Rechtsanwältin Anja von Rosenstiel, LL.M. (Boston University), M.A. (Viadrina) wird unsere Mandantschaft an der Schnittstelle zwischen dem amerikanischen, europäischen und deutschem Bank- Wertpapier- und Finanzdienstleistungsrecht sowie in gesellschaftsrechtlichen Fragen beraten. Zudem wird Sie unsere inländischen und internationalen Mandanten im Bereich der nationalen und europäischen Kryptoregulierung sowie bei der Einholung von BaFin Lizenzen unter den Regulierungsregimen der MiCAR sowie des KWG und des WpIG unterstützen.

        Rechtsanwältin Anja von Rosenstiel, LL.M. (Boston University), M.A. (Viadrina) verfügt über eine langjährige Beratungserfahrung unter anderem in den Bereichen Kryptoregulierung, Lizenz- und Compliance beim Derivate- und Wertpapierhandel als auch bei der Erstellung von AGB für Finanzdienstleister. Darüber hinaus lehrt Rechtsanwältin Anja von Rosenstiel, LL.M. (Boston University), M.A. (Viadrina) als Attorney-at-Law (MA) und Lecturer of Law an der Boston University Law School. Weiter ist sie Research Fellow des US basierten Decentralization Research Centers. Ihre Arbeit konzentriert sich dabei auf gesellschaftsrechtliche Fragen beim Einsatz von Distributed Ledger Technologien in Gesellschaften und Stiftungen im Allgemeinen und Decentralized Autonomous Organisations („DAO“) im Besonderen. Nicht nur aus diesen Gründen sondern auch wegen Ihrer zuverlässigen und lösungsorientierten Arbeitsweise und ihrem angenehmen Auftreten sind wir stolz und froh, dass Anja von Rosenstiel unsere Kanzlei in Zukunft unterstützen wird.

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        Als erster juristischer Kommentar zur neuen Markets in Crypto Assets Regulation (MiCAR) im deutschsprachigen Raum ist nun das Werk „Crypto Assets“ der Herausgeber Prof. Dr. Susanne Kalss, Prof. Dr. Christoph Krönke und Rechtsanwalt Dr. Oliver Völkel, LL.M. im Verlag C.H. Beck erschienen. Unser Gründungspartner Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. durfte die Kommentierung der Art. 36 bis Art. 47 MiCAR beisteuern. Inhaltlich betreffen die von ihm kommentierten Artikel die Vorschriften über die von Emittenten vermögenswertereferenzierter Token (ART) zu haltende Vermögenswertreserve (Art. 36 – 40 MiCAR), über die Übernahme von Emittenten vermögenswertereferenzierter Token (Art. 41 und 42 MiCAR), die Einstufung von vermögenswertereferenzierten Token als signifikant (Art. 43 bis 45 MiCAR) und die Regelungen über den Sanierungsplan sowie den Rücktauschplan (Art. 46 und 47 MiCAR). Über die Kommentierung der MiCAR hinaus enthält das Werk „Crypto Assets“ Kommentierungen des DLT-Pilot-Regimes, einschlägiger Passagen der MiFID II und der EU-Prospekt-VO, der MAR und der zweiten E-Geld-Richtlinie, der europäischen Anti-Geldwäscherichtlinie sowie des dem deutschen Bundestag zur Abstimmung vorliegenden Entwurfs für ein Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG) zur Umsetzung der Vorschriften der MiCAR.

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          Nov. 14, 2024

          Rechtsanwalt Lutz Auffenberg LL.M. (London) im Web3 NextLevel Podcast


          Unser Partner Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London) war jüngst zu Gast bei André und Jasmin im Web3 NextLevel Podcast. Der Web3 NextLevel Podcast ist ein wöchentlich erscheinender Business Podcast, der sich vor allem mit Themen wie Web3, Blockchain und Kryptowährungen befasst. André, Jasmin und Lutz diskutieren in dieser Folge unter anderem über die historische Entwicklung der Krypto-Regulierung in Deutschland und Europa, über die Zukunft eben jener Regulierung insbesondere unter der schon bald in ganz Europa anwendbaren MiCAR Verordnung und die Auswirkungen dieser Entwicklung auf Geschäftsmodelle mit Bezug zu Kryptowerten und kryptographischen Währungen. Lutz erzählt aus seiner Beratungspraxis und gibt auch den einen oder anderen Hinweis für junge aber auch bereits alt eingesessene Unternehmen, die in diesem Bereich Fuß fassen wollen. Interessierte Hörer können die Podcast-Folge mit Lutz zur MiCAR-Regulierung ab dem 13. November 2024 hier oder unter https://web3nextlevel.letscast.fm/ abrufen.

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            Nov. 11, 2024

            MICAR-Übergang ohne nationale Rahmengesetzgebung – Was passiert wenn der Bundestag das KMAG bis Jahresende nicht beschließt?

            Die Regierungskoalition im Bundestag aus SPD, Grünen und FDP ist Geschichte. Von der vor etwa drei Jahren angetretenen Ampel ist nur noch eine Fussgängerampel ohne Gelbphase übrig. Für die Bundesregierung bedeutet dies, dass für alle noch zu verabschiedenden Gesetzesvorhaben jeweils Mehrheiten im Parlament gesucht und gebildet werden müssen. Die diesbezügliche Unterstützung der Oppositionsparteien im Bundestag, die abstimmungsreife Gesetzesentwürfe selbst nicht mitgestaltet haben, dürfte insbesondere vor dem Hintergrund des unmittelbar nach dem Ende der Ampel begonnenen Wahlkampfes nur in wenigen Fällen gewährt werden. Das Schicksal der bereits seit vielen Monaten vorliegenden Gesetzesentwürfe nach dem Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (FinmaDiG) und damit verbunden die Entwürfe für die Rechtsverordnungen zur Regelung des MiCAR-Übergangs, namentlich die MiCAR-Antragsverordnung und die MiCAR-Transitverordnung ist deshalb mehr als ungewiss. Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass die Vorschläge bis zum 30. Dezember 2024 noch beschlossen werden können. Ab diesem Stichtag werden die Vorschriften der MiCAR in ihrer Gänze unmittelbare Rechtswirkung entfalten. Für Unternehmen mit sich auf Kryptowerte beziehenden Geschäftsmodellen bedeutet dies, dass sie über eine Zulassung oder eine Notifizierung nach MiCAR verfügen müssen, auf deren Grundlage sie ihre Kryptodienstleistungen erbringen dürfen. Doch wie ist die Rechtslage für die deutsche Kryptobranche, wenn der deutsche Gesetzgeber bis zur Geltung des neuen Regulierungsregimes nach MiCAR es nicht schafft, die nationale Rahmengesetzgebung zu erlassen?

            Entwurf zum KMAG soll Rechtsgrundlage für den Zulassungsantrag nach MiCAR schaffen

            Mit dem Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG) plant der deutsche Gesetzgeber die Schaffung des nationalen Rechtsrahmens für die Umsetzung der Regularien aus der MiCAR. Insbesondere soll über das KMAG die Zuständigkeit der BaFin für die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften der Regulierung festgelegt werden. Die BaFin soll danach insbesondere zuständig für die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung einer Zulassung nach MiCAR und die laufende Aufsicht über Kryptowertedienstleister sein. Daneben soll das KMAG die Zuständigkeit der BaFin für beispielsweise für Inhaberkontrollverfahren nach dem neuen Regime und die Verfolgung von unter dessen Geltung unerlaubt betriebene Kryptodienstleistungen begründen. Der Gesetzesentwurf enthält darüber hinaus einige weitere Spezialregeln wie etwa ergänzende Bestimmungen zu den in der MiCAR festgelegten Regularien und einen umfassenden Katalog von Ordnungswidrigkeiten für Fälle, in denen gegen diese oder das KMAG verstoßen wird. Die eigentlichen Verfahrensabläufe bei Stellung eines Antrags auf Erteilung einer MiCAR Lizenz oder bei Inanspruchnahme der Notifizierungsmöglichkeit für Bestandsinstitute mit einer bereits bestehenden Erlaubnis nach nationalem Finanzaufsichtsrecht legt die MiCAR jedoch – bis auf wenige Detailfragen – selbst fest. Zwingend ist deshalb eigentlich nur, dass der deutsche Gesetzgeber bis zum Inkrafttreten der MiCAR gesetzlich regelt, welche nationale Behörde die zuständige Behörde im Sinne der MiCAR sein wird. Ohne diese Festlegung wird keine Rechtsgrundlage für die Einreichung von Anträgen nach MiCAR bei der BaFin bestehen mit der Folge, dass sie entsprechende Anträge nicht bearbeiten kann.

            Was gilt für Bestandsinstitute und Institute mit vorläufig erteilte Erlaubnis nach § 64y KWG?

            Sollte der Bundestag das KMAG nicht rechtzeitig vor dem 30. Dezember 2024 verabschieden, gilt für Bestandsinstitute und bereits legal tätige Kryptodienstleister lediglich die neue Verordnung. In den dortigen Übergangsregelungen ist vorgesehen, dass Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, die ihre Dienste nach geltendem Recht vor dem 30. Dezember 2024 erbracht haben, damit bis spätestens zum 1. Juli 2026 oder bis zu dem Zeitpunkt fortfahren dürfen, an dem sie eine Zulassung oder Verweigerung nach den Vorschriften der MiCAR erhalten. Ansatzpunkt für die Zulassungsfiktion ist damit allein die Frage, ob das betreffende Unternehmen vor dem 30. Dezember 2024 nach geltendem Recht Kryptowerte-Dienstleistungen erbracht hat. Die Formulierung unterschiedet insbesondere nicht danach, ob ein Unternehmen eine vorläufige oder eine endgültige Erlaubnis für die Erbringung der Kryptowertedienstleistungen vor dem 30. Dezember 2024 innehatte. Demzufolge könnten bei Untätigkeit des deutschen Gesetzgebers in Sachen nationale Rahmengesetzgebung für den MiCAR-Übergang auch Kryptoverwahrer mit vorläufiger KWG-Erlaubnis ihr Geschäft zunächst weiterbetreiben. Zwar sieht die neue Regulierung für nationale Gesetzgeber die Möglichkeit vor zu beschließen, von der Übergangsregelung für Kryptowerte-Dienstleister keinen Gebrauch zu machen. Ein solcher Beschluss dürfte jedoch einen aktiven gesetzgeberischen Akt voraussetzen, den es bislang nicht gab und der aller Voraussicht nach auch bis zum 30. Dezember 2024 nicht verabschiedet werden dürfte.

            Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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            Zuständiger Anwalt für Fragen zur MiCAR, zum Übergang in das MiCAR Regime sowie diesbezügliche Übergangsregelungen in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London).

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              Nov. 04, 2024

              Getting Ready for DORA (Part VI) – Nur Finanzunternehmen oder schon IKT-Drittdienstleister?

              Ab dem 17. Januar 2025 sind Unternehmen verpflichtet, die neuen Anforderungen zu erfüllen, die mit DORA eingeführt werden. Diese Verordnung adressiert gezielt die Herausforderungen der digitalen Transformation und der zunehmenden Vernetzung in der Finanzbranche. In diesem Kontext zielt DORA darauf ab, Risiken wie Cyberattacken und Betriebsstörungen zu minimieren. Finanzunternehmen und ihre IKT-Dienstleister müssen umfassende Maßnahmen ergreifen, um ihre digitale Resilienz zu verbessern und dadurch die Sicherheit und Stabilität der gesamten Branche zu fördern. DORA ist dabei ein überaus komplexes Regelwerk. Die Regulierung umfasst 64 Artikel, die durch eine Reihe von Regulatory Technical Standards (sogenannte RTS) ergänzt werden. Durch die RTS sollen einheitliche Standards in der gesamten EU geschaffen werden, sodass alle betroffenen Finanzunternehmen unionsweit die gleichen Anforderungen erfüllen müssen. Die RTS spezifizieren und präzisieren die allgemeinen Vorgaben von DORA. Sie werden gemeinsam von den zuständigen europäischen Aufsichtsbehörden EBA, EIOPA und ESMA erarbeitet, die zusammen als European Supervisory Authorities (ESA) bezeichnet werden. Auch nachdem nun viele dieser RTS veröffentlicht wurden oder als Entwurf vorliegen, wirft DORA noch einige Auslegungsfragen auf. Dies ist besonders prekär, da die Zeit bis zum Inkrafttreten der DORA immer kürzer wird und sich die betroffenen Unternehmen auf die Regulierung vorbereiten müssen. Eine dieser Fragen betrifft die Anwendbarkeit von DORA auf ein Finanzunternehmen, das Dienstleistungen für ein anderes Finanzunternehmen erbringt. Wann ist hier von einer IKT-Dienstleistung auszugehen, die das leistende Finanzunternehmen zu einem IKT-Drittdienstleister im Sinne von DORA macht? Müssen nun auch zwischen zwei bereits aufsichtsrechtlich regulierten Unternehmen zusätzlich die Anforderungen von DORA eingehalten werden? Diese Frage hat erhebliche Konsequenzen, da die Einordnung eines Finanzunternehmens als IKT-Drittdienstleister unter anderem weitreichende Folgen für die Vertragsbeziehung zwischen dem IKT-Drittdienstleister-Finanzunternehmen und dem auftraggebenden Finanzunternehmen hätte.

              Unklare Vorgaben in der DORA zum Begriff IKT-Drittdienstleister

              Die DORA definiert IKT-Drittdienstleister als Unternehmen, die IKT-Dienstleistungen bereitstellen. In Erwägungsgrund 63 heißt es darüber hinaus, dass Finanzunternehmen, die IKT-Dienstleistungen für andere Finanzunternehmen erbringen, ebenfalls als IKT-Drittdienstleister im Sinne der Verordnung gelten sollen. Somit steht fest, dass Finanzunternehmen grundsätzlich auch IKT-Drittdienstleister sein können, wenn sie IKT-Dienstleistungen für andere Finanzunternehmen erbringen. IKT-Drittdienstleistungen sind nach der DORA digitale Dienste und Datendienste, die über IKT-Systeme einem oder mehreren internen oder externen Nutzern dauerhaft bereitgestellt werden, einschließlich Hardware als Dienstleistung und Hardwaredienstleistungen, wozu auch technische Unterstützung durch den Hardwareanbieter mittels Software- oder Firmware-Aktualisierungen gehört, mit Ausnahme herkömmlicher analoger Telefondienste. Diese Definition ist, wie vom Verordnungsgeber beabsichtigt, sehr weit gefasst. Dies wird in Erwägungsgrund 35 der DORA klargestellt, in dem betont wird, dass auf alle Risiken eingegangen werden soll, die sich aus sämtlichen Arten von IKT-Dienstleistungen ergeben. Zu diesem Zweck soll die Definition von IKT-Dienstleistungen im Zusammenhang mit DORA weit ausgelegt werden und digitale Dienste sowie Datendienste umfassen, die über IKT-Systeme einem oder mehreren internen oder externen Nutzern fortlaufend bereitgestellt werden. Weiter werden in Erwägungsgrund 79 Beispiele für IKT-Dienstleistungen als die Nutzung von Cloud-Computing-Diensten, Softwarelösungen und datenbezogenen Dienstleistungen genannt. Angenommen, ein nach MiFID II oder MICAR reguliertes Finanzunternehmen erbringt eine regulierte Finanzdienstleistung gegenüber einem anderen Finanzunternehmen und stellt diesem die Finanzdienstleistung dauerhaft und digital zur Verfügung, wirft dies die Frage auf, ob zusätzlich zu den für die Finanzdienstleistung bereits bestehenden Anforderungen auch die Anforderungen der DORA eingehalten werden müssten. Die Definition ließe eine solche Sichtweise ohne weiteres zu, was einen erhöhten bürokratischen Aufwand und zusätzliche Kosten für Finanzunternehmen bedeuten würde – alles zum Wohle der digitalen operativen Resilienz des Finanzmarktes. Ob jedoch klassische Finanzdienstleistungen, nur weil sie digital durchgeführt werden, automatisch zu einer Einordnung als IKT-Drittdienstleister führen müssen, bleibt fraglich.

              Praxis fordert verbindliche Klarstellung

              In ihren FAQ im Rahmen des „DORA 2024 Dry Run Exercise on Reporting of Registers of Information“ äußern sich die ESAs zur Auslegung von IKT-Dienstleistungen dahingehend, dass, wenn ein Finanzunternehmen für die Erbringung einer Dienstleistung eine Zulassung, Lizenz oder Registrierung als Finanzunternehmen benötigt, es sich bei dieser Dienstleistung um eine regulierte Finanzdienstleistung und nicht um eine IKT-Dienstleistung im Sinne der DORA handelt. Diese Auslegung würde es ermöglichen, reine Finanzdienstleistungen, die nicht klassische Cloud-Computing-Dienste, Softwarelösungen oder datenbezogene Dienstleistungen sind, aus dem Anwendungsbereich der DORA herauszunehmen. Am 1. Oktober 2024 haben zu diesem Thema die Handels- und Interessenverbände FIA, AFME, EACH, ECSDA und FESE eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben, in der sie die ESAs auffordern, an der Auffassung aus dem Dry Run für die kommende DORA festzuhalten und so schnell wie möglich verbindlich festzustellen, dass Finanzdienstleistungen für die Zwecke der DORA nicht als IKT-Dienstleistungen behandelt werden sollten. Zudem fordern sie die Klarzustellung, dass regulierte Finanzdienstleistungen alle Dienstleistungen und Tätigkeiten umfassen, die der Aufsicht einer Finanzdienstleistungsregulierungsbehörde unterliegen, einschließlich aller Nebendienstleistungen oder delegierten Dienstleistungen. Diese Aufforderung ist zu begrüßen. Eine Klarstellung ist dringend notwendig, um Rechtssicherheit bei der Umsetzung der DORA zu schaffen. Regulierte Finanzunternehmen unterliegen bezüglich ihrer beaufsichtigten Geschäftstätigkeit bereits weitreichenden Pflichten und werden akribisch beaufsichtigt. Eine darüber hinausgehende Anwendung der DORA würde zusätzlichen Aufwand bedeuten, der nur einen unwesentlichen Mehrwert im Hinblick auf die Finanzmarktsicherheit brächte. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die ESAs positionieren werden.

              Rechtsanwalt Anton Schröder

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              Zuständiger Anwalt für Fragen zu DORA und IT-Recht in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London). Er wird unterstützt von Rechtsanwalt Anton Schröder.

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                Okt. 28, 2024

                MiCAR und Nicht-EU CASPs – Wie können Kryptodienstleister aus Drittstaaten in Europa Geschäft machen?

                Der Europäische Markt ist auch für Kryptodienstleister interessant, die nicht in der Europäischen Union ansässig sind. Insbesondere marktführende Kryptohandelsplätze aus den USA oder aus Asien können es sich nicht leisten, ihre Dienste nicht auch europäischen Kunden anbieten, wenn sie auch in Zukunft ihre Vormachtstellung im weltweiten Kryptomarkt nicht verlieren wollen. Vor diesem Hintergrund stellt sich sowohl für Kryptodienstleister aus den USA und Asien, aber auch aus der Schweiz und UK die Frage, welche Möglichkeiten sich für sie ergeben, um unter Geltung der MiCAR künftig ihre Kryptodienstleistungen auch europäischen Kunden anbieten zu können. Im Sommer diesen Jahres äußerte sich die European Securities and Markets Authority (ESMA) zu diesem Thema und engte die Möglichkeiten insbesondere für Kryptobörsen aus Drittstaaten weiter ein. Sofern kein reines Reverse Solicitation Geschäft betreiben werden soll, bei dem in keiner Weise eine Initiative zur Geschäftsanbahnung vom Kryptodienstleister ausgehen darf, soll nach Empfehlung der ESMA an die zuständigen Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedstaaten – in Deutschland die BaFin – unter Geltung der MiCAR erforderlich sein, dass Handelsplattformen für Kryptowerte aus Drittstaaten eigenständige europäische Unternehmen gründen, mit diesen eine MiCAR Zulassung beantragen und das gesamte Europageschäft sodann über diese Gesellschaften laufen lassen. Nicht gewollt ist das Angebot von Kryptodienstleistungen in einer Weise, in der die europäische Einheit lediglich als Intermediär zwischen den europäischen Kunden und den Unternehmen aus einem Staat außerhalb der Europäischen Union agiert und die eigentliche Dienstleistung letztlich außerhalb der EU erbracht wird.

                MiCAR Lizenz nicht für bloße Brokerageeinheiten von Kryptodienstleistern aus Drittstaaten

                Nach den Vorschriften der MiCAR können nur Antragsteller aus der EU eine Zulassung für Kryptowertedienstleistungen erhalten, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben. Der Verordnungsgeber möchte so sicherstellen, dass Kryptodienstleistungen in Europa ausschließlich unter Beachtung der Regeln er MiCAR erbracht werden können. Die ESMA sieht insoweit die Gefahr, dass Kryptodienstleister aus Drittstaaten in Europa eine reine Briefkastenfirma gründen könnten, um mit dieser Gesellschaft einen Antrag auf Erteilung einer MiCAR Zulassung für Brokeragedienstleistungen wie etwa die Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden oder die Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden einzuholen. Diese Gesellschaft würde dann nach Erteilung der beantragten MiCAR Erlaubnis Geschäft mit europäischen Kunden an einen außerhalb des Geltungsbereichs der MiCAR betriebenen Handelsplatz für Kryptowerte vermitteln oder weiterleiten. Die strengen Compliancepflichten für Handelsplattformen für Kryptowerte nach MiCAR könnten so umgangen werden, was nach Auffassung der ESMA erhebliche Nachteile für den Verbraucherschutz im Kryptomarkt der Europäischen Union mit sich bringen würde. Die ESMA rät der BaFin und den zuständigen Aufsichtsbehörden daher, im Zulassungsverfahren nach MiCAR zu prüfen, ob eine solche Konstellation vorliegt und erforderlichenfalls die beantragte Erlaubnis nicht zu erteilen.

                ESMA rät zu sorgfältiger Einzelfallprüfung und nennt Anhaltspunkte für unrechtmäßige Kundenansprache

                Letztlich rät die ESMA den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden und so auch der BaFin zu einer sorgfältigen Einzelfallprüfung, in der es darum geht zu klären, ob eine Fallkonstellation im Ergebnis so auszulegen ist, dass letztlich nach MiCAR erlaubnispflichtige Kryptodienstleistungen europäischen Kunden aus einem Drittstaat angeboten werden. Zu berücksichtigen ist bei dieser Prüfung allerdings, dass die MiCAR selbst Kryptodienstleistern nicht untersagt, Kundenaufträge auf Handelsplattformen oder sonstigen Händlern in Drittstaaten auszuführen. Erst dann, wenn die Gesamtgestaltung darauf schließen lässt, dass der Anbieter aus dem Drittstaat unter Verstoß gegen die Zulassungspflichten der MiCAR europäische Kunden anspricht, um die strengen aufsichtlichen Pflichten der MiCAR zu umgehen, soll nach Meinung der ESMA eine Versagung der Zulassung in Betracht kommen. Auch wenn es sich stets um eine Einzelfallprüfung handelt, formuliert die ESMA einige Anhaltspunkte, die im Einzelfall für eine unrechtmäßige Gestaltung sprechen können. Danach sollen zuständige nationale Aufsichtsbehörden insbesondere prüfen, ob ein in der EU zugelassener Broker systematisch Kundenaufträge zur Ausführung an ein Unternehmen außerhalb der EU weitergibt. Ebenso soll zu berücksichtigen sein, ob ein EU-Broker Kundenaufträge vor Weitergabe analysiert und prüft, ob andere geeignete Ausführungsplätze in Frage kommen können. Ein weiterer Hinweis kann nach Auffassung der ESMA vorliegen, wenn ein EU-Broker die Marke eines Nicht-EU-Anbieters nutzt, um Kunden zu gewinnen, sofern den Kunden die Differenzierung erschwert wird, dass die Dienste des Brokers und nicht des Nicht-EU-Anbieters genutzt werden. Schließlich ist nach ESMA ein Hinweis auf eine missbräuchliche Gestaltung, wenn der in der EU zugelassene Broker eine nicht marktgerechte, zu geringe Vergütung für seine Leistungen erhält.

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                Zuständiger Anwalt für die Beantragung einer MiCAR Zulassung und Möglichkeiten für Kryptodienstleister aus Drittstaaten zum Eintritt in den europäischen Markt in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London).

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                  Okt. 21, 2024

                  Cyber Resilience Act – Welche Pflichten treffen künftig die Hersteller von Produkten mit digitalen Elementen?

                  Das Thema Cybersicherheit rückt immer mehr in den Fokus des europäischen Gesetzgebers. Jetzt hat der Rat der Europäischen Union am 10. Oktober 2024 die Verordnung über horizontale Cybersicherheitsanforderungen für Produkte mit digitalen Elementen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/1020 beschlossen. Dieser sogenannte Cyber Resilience Act (CRA) soll einen einheitlichen Rechtsrahmen für grundlegende Cybersicherheitsanforderungen für das Inverkehrbringen von Produkten mit digitalen Elementen auf dem Unionsmarkt festlegen. Hierzu sollen Schwachstellen, die auf ein geringes Maß an Cybersicherheit zurückzuführen sind, sowie die unzureichende Bereitstellung von Sicherheitsaktualisierungen behoben werden. Zudem soll das mangelnde Verständnis und der eingeschränkte Informationszugang der Nutzer adressiert werden, damit sie in die Lage versetzt werden, Produkte mit angemessenen Cybersicherheitsmerkmalen auszuwählen und sicher zu verwenden. Anders als andere Richtlinien und Verordnungen, die in letzter Zeit zur Stärkung der IT-Sicherheit verabschiedet worden sind – zu denken ist z. B. an die DORA-Verordnung –, ist der Cyber Resilience Act in seinem Anwendungsbereich nicht sektorspezifisch, sondern horizontal ausgestaltet und soll grundsätzlich alle Produkte mit digitalen Elementen umfassen. Die Verordnung wird ab November 2027 gelten. Meldepflichten für Schwachstellen und Sicherheitsvorfälle gelten bereits ab August 2026. Die Pflichten welche Herstellern, Importeuren und Händlern auferlegt werden, sind umfangreich, und die drohenden Sanktionen bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben sind empfindlich. Nach dem Motto ‚Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser‘ werden die Marktteilnehmer wie schon vor Jahren durch die DSGVO gezwungen sein, alle Maßnahmen in die Wege zu leiten, die zur Einhaltung der Pflichten nach dem CRA notwendig sind. Worauf sollten sich die Regelungsadressaten, wie beispielsweise Hersteller, einstellen?

                  Wer gilt als Hersteller im Sinne des CRA?

                  Ein Hersteller im Sinne des CRA ist eine natürliche oder juristische Person, die Produkte mit digitalen Elementen entwickelt oder herstellt oder die Produkte mit digitalen Elementen konzipieren, entwickeln oder herstellen lässt und sie unter eigenem Namen oder eigener Marke vermarktet, sei es entgeltlich oder unentgeltlich. Ein Produkt mit digitalen Elementen ist ein Software- oder Hardwareprodukt und dessen Datenfernverarbeitungslösungen, einschließlich Software- oder Hardwarekomponenten, die getrennt in Verkehr gebracht werden sollen. Umfasst sind solche Produkte mit digitalen Elementen, deren bestimmungsgemäße oder vernünftigerweise vorhersehbare Verwendung eine direkte oder indirekte logische oder physische Datenverbindung mit einem Gerät oder einem Netz einschließt. Das kann von Software über PCs und Smartphones bis hin zu Staubsaugerrobotern alles sein, was mit anderen Geräten oder Netzwerken kommunizieren kann. Für die Hersteller solcher Produkte ist die Palette neuer Pflichten üppig und kann deswegen hier nur auszugsweise genannt werden. Unter anderem müssen sie, bevor sie ein Produkt mit digitalen Elementen in Verkehr bringen, eine technische Dokumentation im Sinne des CRA erstellen und ein Konformitätsbewertungsverfahren nach den Vorgaben der Verordnung durchführen oder durchführen lassen. Danach ist eine EU-Konformitätserklärung auszustellen und eine CE-Kennzeichnung am Produkt anzubringen. Nach dem Inverkehrbringen und während der erwarteten Produktlebensdauer oder während eines Zeitraums von fünf Jahren ab dem Inverkehrbringen eines Produkts mit digitalen Elementen – je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist – müssen die Hersteller dafür sorgen, dass das Produkt CRA-konform bleibt (Updates). Außerdem muss der Hersteller der European Union Agency for Cybersecurity (ENISA) unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb von 24 Stunden, nachdem er davon Kenntnis erlangt hat, jede aktiv ausgenutzte Schwachstelle melden, die in dem Produkt mit digitalen Elementen enthalten ist.

                  Welche Sanktionen drohen den Herstellern bei Verstößen gegen den CRA?

                  Für die Verhängung von Sanktionen sieht der CRA vor, dass die Mitgliedstaaten Vorschriften über Sanktionen erlassen und alle für die Durchsetzung der Sanktionen erforderlichen Maßnahmen treffen müssen. Die von dem CRA vorgesehenen Geldbußen reichen hierbei von 15.000.000 EUR oder – im Falle von Unternehmen – bis zu 2,5 % des gesamten weltweiten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres, je nachdem, welcher Betrag höher ist, für die Nichteinhaltung grundlegender Anforderungen oder der oben erwähnten Herstellerpflichten. Bei Verstößen gegen andere Pflichten aus dieser Verordnung können Geldbußen von bis zu 10.000.000 EUR oder – im Falle von Unternehmen – bis zu 2 % des gesamten weltweiten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres verhängt werden, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Werden gegenüber notifizierten Stellen und Marktüberwachungsbehörden auf deren Auskunftsverlangen hin falsche, unvollständige oder irreführende Angaben gemacht, so werden Geldbußen von bis zu 5.000.000 EUR oder – im Falle von Unternehmen – bis zu 1 % des gesamten weltweiten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres verhängt, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Es ist also dringend anzuraten, die Anforderungen des CRA einzuhalten und diese rechtzeitig und gewissenhaft umzusetzen.

                  Rechtsanwalt Anton Schröder

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                  Zuständiger Anwalt für Fragen zum Cyber Resilience Act, DORA und IT-Recht in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London). Er wird unterstützt von Rechtsanwalt Anton Schröder.

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                    Okt. 14, 2024

                    Getting Ready for DORA (Part V) – Vertragsverhandlung nach Inkrafttreten der DORA – Wer sitzt am längeren Hebel?

                    Auch in Brüssel schläft man nicht und die Regulierung im europäischen Wirtschaftsraum nimmt stetig zu. Der Bereich der IT-Sicherheit bleibt davon nicht verschont. Immer mehr neue Compliance-Anforderungen kommen hinzu, die zunehmend mehr Unternehmen betreffen. Ein Beispiel hierfür ist die NIS 2Richtlinie, die bis Oktober 2024 umgesetzt werden muss und die NIS Richtlinie von 2016 weiterentwickelt. Zudem befindet sich der Cyber Resilience Act (CRA) derzeit in der Entwurfsphase, der darauf abzielt, Verbraucher und Unternehmen zu schützen, die Produkte oder Software mit digitalen Komponenten kaufen oder nutzen. Eine weitere umfangreiche Regulierung zur Stärkung der IT-Sicherheit ist der Digital Operational Resilience Act (DORA). DORA betrifft vor allem Finanzunternehmen wie Banken, Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Zahlungsinstitute, Verwaltungsgesellschaften und Versicherungen sowie Unternehmen, die diesen Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) bereitstellen (sogenannte IKT-Drittdienstleister). Ab dem 17. Januar 2025 müssen diese Unternehmen die neuen Vorschriften erfüllen. Mit DORA sollen die Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung und der zunehmenden Vernetzung in der Finanzbranche bewältigt werden. Ziel der Verordnung ist es, Risiken wie Cyberangriffe und Betriebsunterbrechungen effektiv entgegenzuwirken. Finanzunternehmen und IKT-Drittdienstleister sind verpflichtet, weitreichende Maßnahmen zu ergreifen, um ihre digitale Resilienz zu stärken und somit für mehr Sicherheit und Stabilität in der Branche zu sorgen. Es ist in der Praxis mittlerweile üblich, dass die IT-Infrastruktur oder auch ganze Arbeitsprozesse und Businessprozesse an spezialisierte Dienstleister ausgelagert werden. DORA bringt neue Herausforderungen im Bereich Compliance mit sich, die sich auch konkret auf den Verhandlungsspielraum bei Verträgen zwischen Finanzunternehmen und IKT-Drittdienstleistern auswirken. Wird das Machtverhältnis durch die DORA Verordnung zugunsten der Finanzunternehmen verschoben?

                    DORA und das Management des IKT-Drittparteienrisikos

                    Die DORA verpflichtet die Finanzunternehmen, das IKT-Drittparteienrisiko zu managen. Finanzunternehmen dürfen vertragliche Vereinbarungen nur mit IKT-Drittdienstleistern schließen, die angemessene Standards für Informationssicherheit einhalten. Zur Bewältigung des IKT-Drittparteienrisikos werden zwei grundlegende Prinzipien festgelegt: Zum einen bleiben die Finanzunternehmen jederzeit in vollem Umfang für die Einhaltung und Erfüllung aller Verpflichtungen nach der DORA und dem anwendbaren Finanzdienstleistungsrecht verantwortlich. Zum anderen haben die Finanzunternehmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Dementsprechend schreibt die DORA zwingende Vertragsinhalte vor, die zwischen Finanzunternehmen und IKT-Drittdienstleistern vereinbart werden müssen. Dazu gehört das Recht, die Leistung des IKT-Drittdienstleisters fortlaufend zu überwachen, wozu uneingeschränkte Zugangs-, Inspektions- und Auditrechte für das Finanzunternehmen, einen beauftragten Dritten oder die zuständige Behörde zählen. Die Häufigkeit der Kontrollen ist risikobasiert zu ermitteln. Zudem sind Kündigungsrechte für die in der DORA vorgesehenen Fälle zu vereinbaren. Für IKT-Dienstleistungen, die kritische oder wichtige Funktionen betreffen, sind zum Beispiel ausführliche Leistungsbeschreibungen erforderlich. Außerdem ist der IKT-Drittdienstleister zu verpflichten, Notfallpläne zu implementieren und zu testen und über Maßnahmen, Tools und Leit- und Richtlinien für IKT-Sicherheit zu verfügen, die ein angemessenes Maß an Sicherheit für die Erbringung von Dienstleistungen durch das Finanzunternehmen im Einklang mit seinem Rechtsrahmen bieten. Darüber hinaus sind Ausstiegsstrategien mit verbindlichen angemessenen Übergangszeiträumen zu vereinbaren.

                    Kaum Spielraum für Verhandlungen

                    Die Vorgaben der DORA lassen den Vertragsparteien im Grunde wenig Spielraum. Sie sind von den Finanzunternehmen schlichtweg zu erfüllen. Das Aufsichtsrecht nimmt hier starken Einfluss auf die privatautonomen Gestaltungsmöglichkeiten der Vertragsparteien. Die Vorgaben sind umfangreich und zielen vor allem darauf ab, die Finanzunternehmen in die Lage zu versetzen, die IKT-Dienstleistungen zu prüfen und deren Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten. Besonders im Fall von mittelständischen Finanzunternehmen kann dies dazu führen, dass sie sich gegenüber verhandlungsstarken IKT-Drittdienstleistern durchsetzen können. Den IKT-Drittdienstleistern wird oft schlichtweg nichts anderes übrigbleiben, als die Vorgaben zu akzeptieren und entsprechend umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob die DORA auch gegenüber den größten IKT-Drittdienstleistern, wie Google, Amazon und Microsoft, Wirkung zeigen wird. Hierzu werden kritische IKT-Drittdienstleister durch die DORA zur Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde verpflichtet und besonders überwacht, wobei diese mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet wurde. Inwieweit die DORA ihre erklärten Ziele erreichen und ob sie für den europäischen Wirtschaftsstandort von Vorteil sein wird, bleibt abzuwarten. Es ist zu befürchten, dass die zahlreichen Compliance-Anforderungen die Unternehmen zusätzlich belasten und es für die betroffenen Unternehmen immer schwieriger wird, allen Anforderungen gerecht zu werden. Hinzu kommt, dass die Verordnung noch neu ist und somit keine ausführliche Literatur, gefestigte Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung existiert, an der sich die Praxis orientieren könnte.

                    Rechtsanwalt Anton Schröder

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                    Zuständiger Anwalt für Fragen zu DORA und IT-Recht in unserer Kanzlei ist Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London). Er wird unterstützt von Rechtsanwalt Anton Schröder.

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                      Sep. 23, 2024

                      Getting Ready for DORA (Part IV) – Sind Vereinbarungen von Auditrechten auch außerhalb von Auslagerungsverträgen verpflichtend?

                      Mit dem Digital Operational Resilience Act (DORA) hat die Europäische Union eine wegweisende  Verordnung eingeführt, die darauf abzielt, die digitale Widerstandsfähigkeit im Finanzsektor EU-weit zu standardisieren und zu stärken. Ab dem 17. Januar 2025 müssen betroffene Unternehmen den neuen Anforderungen gerecht werden. Die DORA soll den Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung und der zunehmenden Vernetzung in der Finanzbranche begegnen, die der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in den letzten Jahren massiv vorangetrieben hat. DORA zielt darauf ab, Risiken wie Cyberbedrohungen und Betriebsstörungen wirksam zu bekämpfen, indem Finanzunternehmen und spezialisierte IKT-Dienstleister verpflichtet werden, umfassende Maßnahmen zur Verbesserung ihrer digitalen Resilienz umzusetzen. Zu den relevanten Akteuren gehören Banken, Wertpapierfirmen, Zahlungsinstitute, Anbieter von Kryptowährungen sowie Emittenten wertreferenzierter Token. Diese Unternehmen müssen ihre internen Abläufe analysieren und an die neuen regulatorischen Vorgaben anpassen, was unter anderem die Einführung von Notfallplänen, robusten Sicherheitsmaßnahmen und regelmäßigen Risikoanalysen umfasst. Die Umsetzung der DORA erfordert erhebliche Investitionen in die IT-Infrastruktur und das Risikomanagement, bietet jedoch zugleich die Chance, die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors langfristig zu stärken. Zu einem guten IKT-Risikomanagement gehört auch, dass die Unternehmen ihre Verträge mit IKT-Drittdienstleistern so gestalten, dass den Risiken angemessen begegnet werden kann. Doch welche Folgen hat dies für zukünftige und bereits bestehende Verträge zwischen Finanzunternehmen und IKT-Drittdienstleistern?

                      Besserer Umgang mit dem IKT-Drittparteienrisiko durch vertragliche Mindestinhalte

                      Die DORA gibt Finanzunternehmen als Teil des IKT-Risikomanagementrahmens auf, das IKT-Drittparteienrisiko zu managen. Hierzu gehört, dass Finanzunternehmen, die vertragliche Vereinbarungen über die Nutzung von IKT-Dienstleistungen für die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit getroffen haben, jederzeit in vollem Umfang für die Einhaltung und Erfüllung aller Verpflichtungen nach der DORA und nach dem anwendbaren Finanzdienstleistungsrecht verantwortlich bleiben. Finanzunternehmen dürfen vertragliche Vereinbarungen nur mit IKT-Drittdienstleistern schließen, die angemessene Standards für Informationssicherheit einhalten. Hierzu sieht die Verordnung Anforderungen an die wesentlichen Vertragsbestimmungen, also bestimmte Mindestinhalte vor, die eine vertragliche Vereinbarung mit einem IKT-Dienstleister umfassen müssen. Nur um ein Beispiel zu nennen sei hier die Pflicht genannt, eine klare und vollständige Beschreibung aller Funktionen und IKT-Dienstleistungen, die der IKT-Drittdienstleister bereitzustellen hat vorzunehmen, wobei anzugeben ist, ob die Vergabe von Unteraufträgen für IKT-Dienstleistungen, die kritische oder wichtige Funktionen oder wesentliche Teile davon unterstützen, zulässig ist. Soweit dies der Fall ist kommt die Pflicht zur Angabe hinzu, welche Bedingungen für diese Unterauftragsvergabe gelten. Die DORA kodifiziert an dieser Stelle also noch einmal die ohnehin für IT-Verträge wesentliche Bedeutung einer vollständigen und treffenden Leistungsbeschreibung. Neben vielen der für IT-Verträge typischen Anforderungen muss beispielsweise auch eine Verpflichtung des IKT-Drittdienstleisters vereinbart werden, vollumfänglich mit den für das Finanzunternehmen zuständigen Behörden und Abwicklungsbehörden zusammenzuarbeiten.

                      Erweiterter Anwendungsbereich der DORA und seine Auswirkungen auf Vertragsgestaltungen

                      Eine wichtige Neuerung der DORA, die über die bisherigen von der BaFin in ihrem Rundschreiben aufgestellten Anforderungen hinausgeht, ist zum einen, dass der Anwendungsbereich der DORA weiter gefasst ist als die bisherige Regulierung. Während sich die in den bisherigen Rundschreiben geforderten Mindestinhalte an die Vertragsgestaltung primär auf Auslagerungsverhältnisse beziehen, erfasst die DORA in ihrem Anwendungsbereich alle Verträge mit IKT-Drittdienstleistern. Ein IKT-Drittdienstleister ist dabei ein Unternehmen, das IKT-Dienstleistungen bereitstellt. IKT-Dienstleistungen sind insoweit digitale Dienste und Datendienste, die über IKT-Systeme einem oder mehreren internen oder externen Nutzern dauerhaft bereitgestellt werden, einschließlich Hardware als Dienstleistung sowie Hardwaredienstleistungen, wozu auch technische Unterstützung durch den Hardwareanbieter mittels Software- oder Firmware-Aktualisierungen gehört, mit Ausnahme herkömmlicher analoger Telefondienste. Somit muss nicht zwingend ein Auslagerungsverhältnis vorliegen, um die Anforderungen der DORA an die Vertragsgestaltung auszulösen. Die DORA stellt ihre Anforderungen an die wesentlichen Vertragsbestimmungen grundsätzlich an alle Verträge mit IKT-Drittdienstleistern. Dennoch zieht sich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch die gesamte DORA, und es werden strengere Anforderungen an vertragliche Vereinbarungen über die Nutzung von IKT-Dienstleistungen zur Unterstützung kritischer oder wichtiger Funktionen gestellt. Bei diesen muss sich das Finanzinstitut unter anderem das Recht zur fortlaufenden Überwachung der Leistungserbringung vertraglich einräumen lassen, was auch uneingeschränkte Zugangs-, Inspektions- und Auditrechte des Finanzunternehmens oder eines beauftragten Dritten sowie der zuständigen Behörde umfasst. Sofern eine kritische oder wichtige Funktion betroffen ist, kann daher eine entsprechende Vereinbarung notwendig sein. Dieses Beispiel zeigt, dass es nach Inkrafttreten der DORA auch für bestehende Verträge notwendig wird, diese auf ihre Vereinbarkeit mit den neuen Vorgaben hin zu untersuchen und gegebenenfalls nachzuverhandeln.

                      Rechtsanwalt Anton Schröder

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                        Sep. 16, 2024

                        Marktmissbrauch und Insidergeschäfte mit Kryptowerten – Wen treffen die neuen Regeln der MiCAR?

                        Für den europäischen Kryptomarkt markiert der 30. Dezember 2024 einen historischen Moment. Dann wird die neue EU-Verordnung über Märkte in Kryptowerten (MiCAR) vollumfänglich rechtswirksam. Neben den Bestimmungen über die Pflicht von Kryptodienstleistern zur Einholung einer Zulassung der BaFin bzw. der für sie im Einzelfall zuständigen Aufsichtsbehörde vor Geschäftsaufnahme und den bereits jetzt geltenden Bestimmungen in Bezug auf die Emission von E-Geld-Token und vermögenswertereferenzierten Token werden ab dem 30. Dezember 2024 auch die in der MiCAR vorgesehenen Vorschriften zur Verhinderung und zum Verbot von Marktmissbrauch und Insiderhandel im europäischen Kryptomarkt gelten. Die Einführung von Vorschriften zur Verhinderung möglicher Kursmanipulationen, des Marktmissbrauchs oder der Ausnutzung von Insiderinformationen vor öffentlicher Bekanntgabe stellt für den Kryptomarkt einen sehr wichtigen Meilenstein dar und erleichtert traditionellen Finanzakteuren weiter den Einstieg in die Welt der digitalen Werte. Doch welche konkreten Pflichten wird die MiCAR den Marktteilnehmern aufgeben und an wen richten sich die neuen Regeln. Welche Marktteilnehmer müssen beim Handel mit Kryptowerten künftig die Marktmissbrauchsregulierung nach der MiCAR beachten?

                        Marktmissbrauchsregeln der MiCAR treffen alle Marktteilnehmer

                        Eine effektive Marktmissbrauchsbekämpfung setzt umfassende und marktweit verpflichtende Regeln voraus. Die Reichweite der neuen Vorschriften der MiCAR zur Bekämpfung von Marktmissbrauch ist deshalb flächendeckend und erfasst Handlungen aller Personen im Zusammenhang mit Kryptowerten, die zum Handel zugelassen sind oder deren Zulassung zum Handel beantragt wurde. Adressaten der Marktmissbrauchsregulierung der MiCAR sind damit sowohl Emittenten von Kryptowerten und Kryptodienstleister, jedoch auch Investoren und sogar Personen, die selbst eventuell gar nicht in konkrete Geschäfte über Kryptowerten einbezogen sind, wie beispielsweise Ratingagenturen, Fachmedien oder Influencer mit Fokus auf Kryptowerte. Der Verordnungstext der MiCAR stellt klar, dass die Regeln für alle Geschäfte, Aufträge und Handlungen gelten sollen, die zum Handel zugelassene oder zuzulassende Kryptowerte betreffen. Nicht von Belang ist in diesem Zusammenhang, ob die betreffende Handlung tatsächlich auf einer Handelsplattform für Kryptowerte vorgenommen oder unterlassen wurde. Die Marktmissbrauchsregeln nach MiCAR sind somit für alle Marktteilnehmer relevant. Für die professionellen Marktteilnehmer wie Emittenten von Kryptowerten und Kryptowertedienstleister, aber auch und gerade öffentlich kommunizierende Influencer bedeutet dies, dass sie ihre Pflichten kennen müssen und in Form von sorgfältig zu erarbeitenden Verhaltensleitfäden verschriftlichen und im Geschäftsbetrieb anwenden sollten.

                        Pflicht zur Vorhaltung wirksamer Vorkehrungen, Systemen und Verfahren

                        Für alle Personen, die beruflich Geschäfte mit Kryptowerten vermitteln oder ausführen, sieht die MiCAR zudem die konkrete Verpflichtung vor, jederzeit über wirksame Vorkehrungen, Systeme und Verfahren für die Vorbeugung und Aufdeckung von Marktmissbrauch zu verfügen. Diese Personengruppe umfasst insbesondere Kryptodienstleister, die Transaktionen mit Kryptowerten arrangieren oder ausführen (PPAET), wobei der Begriff der PPAET aus der EU-Marktmissbrauchsverordnung entliehen ist. Nach dem von der ESMA bereits im März 2024 veröffentlichen Entwurf für Auslegungshinweise und technische Standards in Bezug auf die Missbrauchsvorschriften der MiCAR sollen darüber hinaus aber auch Betreiber von Handelsplattformen für Kryptowerte als PPAETs gelten. Die genannten Kryptodienstsleister trifft demnach eine explizite Pflicht zur Schaffung und Vorhaltung wirksamer Vorkehrungen, Systeme und Verfahren zur Vorbeugung und Aufdeckung von Marktmissbrauch. Die Maßnahmen müssen selbstverständlich die Art und Weise der eigenen Geschäftsausübung in den Fokus nehmen. Ebenso allerdings im Einzelfall erforderlich sein, die eigenen Mitarbeiter im Hinblick auf Geschäfte mit Kryptowerten im privaten Bereich zu überwachen, insbesondere wenn sie Zugang zu Insiderinformationen haben.

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