Das Phänomen der Schwarmfinanzierung – auch neudeutsch als „Crowdfunding“ bezeichnet – ist als Möglichkeit der Kapitalbeschaffung an den Finanzmärkten nicht mehr wegzudenken. Insbesondere im Bereich der Finanzierung von Immobilienprojekten erfreut sich die Schwarmfinanzierung ungebrochener Beliebtheit. Vereinfacht gesagt wird hierbei von einer größeren Gruppe von Menschen Geld, häufig kleinere Beträge, für Projekte oder Unternehmen über eine Internet-Plattform eingesammelt. Hierbei ist für die Unternehmen, die eine Finanzierung mittels Schwarmfinanzierung anstreben nicht nur die eigentliche Mittelbeschaffung interessant, sondern auch die mediale Aufmerksamkeit, die mithilfe von Schwarmfinanzierungen umgesetzte Projekte immer wieder auf sich ziehen. In Deutschland ist die Schwarmfinanzierung auf nationaler Ebene im Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) geregelt. Auf europäischer Ebene regelt seit dem 10. November 2021 die European Crowdfunding Service Provider Regulation (ECSPR) (EU) 2020/1503 die Schwarmfinanzierung. Aber in welchen Konstellationen ist welches Regelungsregime anwendbar und welche Produkte dürfen wie vertrieben werden?

Grundsätzlich geht die ECSPR dem VermAnlG vor

Der deutsche Gesetzgeber hat im VermAnlG den Vorrang der ECSPR für Angebote mit einem Gegenwert von bis zu EUR 5.000.000, gerechnet über 12 Monate, festgelegt. Die ECSPR findet damit immer vorrangig Anwendung, wenn über eine gemäß der ECSPR zugelassene Schwarmfinanzierungsplattform ein Angebot von in der Verordnung erfassten Produkten unterbreitet wird. Diese Produkte umfassen insbesondere Finanzprodukte, die überwiegend nicht als Vermögensanlagen einzuordnen sind. Das sind insbesondere Wertpapiere und nicht nachrangige Kredite. Gerade bei den in Deutschland beliebten Nachrangdarlehen fehlt es an der von der ECSPR vorausgesetzten Unbedingtheit des Rückzahlungsanspruches. Sie sind somit keine tauglichen Produkte für den Vertrieb unter der ECSPR. Dies jedenfalls dann nicht, wenn es sich um Darlehen mit einem qualifizierten Rangrücktritt handelt. Diese Nachrangdarlehen fallen also, wenn sie im Wege der Schwarmfinanzierung in Deutschland begeben werden sollen, auch weiterhin unter den Anwendungsbereich des VermAnlG und profitieren insofern auch von den Erleichterungen, die das VermAnlG für solche Begebungen vorsieht.

Welche Voraussetzungen in Bezug auf die Dokumentation müssen für die Begebung einer Schwarmfinanzierung erfüllt sein?

Inhaltlich verpflichtet die ECSPR den Schwarmfinanzierungsdienstleister – also den Betreiber der Internet-Plattform, über die die Begebung durchgeführt wird – dazu, die geregelten Schwarmfinanzierungsdienstleistungen nur auf der Grundlage einer Zulassung nach der ECSPR anzubieten und ordnet an, dass sie der laufenden Aufsicht durch die BaFin unterliegen. Die Verordnung setzt damit anders als die nationalen Regelungen des VermAnlG nicht beim Emittenten bzw. Anbieter und der Hinterlegung von Transparenzdokumenten an, sondern bei dem Betreiber der Internet-Plattform. Dieser ist als zugelassener Schwarmfinanzierungsdienstleister nach der ECSPR dazu verpflichtet, die notwendige Dokumentation für jede von ihm angebotene Schwarmfinanzierung – das sogenannte Anlagebasisinformationsblatt (ABIB) – auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Klarheit zu überprüfen und etwaige Mängel beim Projektträger, der für die Erstellung des maximal 6 DIN-A-4 Seiten langen ABIB verantwortlich ist, zu monieren und auf eine Berichtigung hinzuwirken. Demgegenüber muss bei einer Begebung nach dem VermAnlG von z.B. einem Nachrangdarlehen der Emittent oder Anbieter einer Schwarmfinanzierung ein maximal 3 DIN-A-4 Seiten langes Vermögensanlagen-Informationsblatt erstellen und bei der BaFin hinterlegen. Bei Vorliegen der entsprechenden Zulassungen ist es öglich, gleichzeitig sowohl Schwarmfinanzierungen nach ECSPR als Schwarmfinanzierungsdienstleister und als Betreiber einer Internet-Dienstleistungsplattform im Sinne des VermAnlG anzubieten. Natürlich lassen sich die nach dem VermAnlG begebenen Schwarmfinanzierungen nicht im europäischen Ausland anbieten. Diese Möglichkeit besteht unter gewissen Voraussetzungen jedoch für die nach ECSPR begebenen Schwarmfinanzierungen.

Rechtsanwalt Dr. Konrad Uhink

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Zuständiger Anwalt für Fragen zu Schwarmfinanzierungen sowohl nach Vermögensanlagengesetz als auch nach ECSPR in unserer Kanzlei ist Dr. Konrad Uhink.