Die finale Fassung der MiCAR wurde am 20. April 2023 vom Europäischen Parlament beschlossen. Gegenüber der im Oktober 2022 geleakten vermeintlich endgültigen Textfassung gab es doch noch erhebliche Änderungen. Der nun finale Text muss nun noch förmlich vom Rat der Europäischen Union gebilligt werden, bevor er endlich im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden kann. 20 Tage nach der Veröffentlichung tritt die MiCAR dann in Kraft. Rechtswirkung entfalten dann aber unmittelbar zunächst nur Bestimmungen, die sich an die ESMA, die EBA und die EZB richten und ihnen auferlegen, regulatorische technische Standards und Leitlinien zu erarbeiten. Die an die Marktteilnehmer gerichteten Vorschriften werden erst sukzessive Rechtswirkung entfalten. Die Titel III und IV der MiCAR, die Regeln für wertreferenzierte Token und auf E-Geld Token festlegen, werden bereits 12 Monate nach der Verkündigung der MiCAR im EU-Amtsblatt gelten. Anbieter, die Geschäftsmodelle mit wertreferenzierten Token oder E-Geld Token betreiben oder verwirklichen wollen, haben deshalb nur noch ein Jahr Zeit, um sich auf die neuen aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen vorzubereiten. Konkret betroffen sind unter anderem Anbieter von Stablecoins und Kryptobörsen, auf denen Stablecoins gehandelt werden können.
Starkes Marktbedürfnis für Stablecoins im professionellen Kryptohandel
Für professionelle Kryptohändler ist die Nutzung von Stabecoins mit erheblichen Vorteilen verbunden. Stablecoins erlauben eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit der Absicherung gegen Kursrisiken von Kryptowerten. Händler können etwa durch die Investition in einen an den Wert des Euro oder des US-Dollar gekoppelten E-Geld Token direkt auf einer Kryptobörse kurzfristig Werte sichern, ohne dafür in Fiatwährung tauschen zu müssen. Auch das Pooling von Kryptoinvestitionen kann ohne einen Umtausch in gesetzliche Zahlungsmittel erfolgen. Nach MiCAR werden E-Geld Token allerdings bereits in ca. einem Jahr nur noch von einem beaufsichtigten Kreditinstitut oder E-Geld-Institut öffentlich angeboten werden dürfen. Auch die Handelszulassung für E-Geld Token auf einer Kryptobörse darf dann ausschließlich von einem Kreditinstitut, einem E-Geld-Institut bzw. einer von einer solchen Institution beauftragten Person beantragt werden. Dabei werden nach MiCAR generell alle die Definition von E-Geld Token erfüllenden Kryptowerte als E-Geld im Sinne der zweiten E-Geld-Richtlinie (EMD2) zu behandeln sein, unabhängig von der Frage, ob der Token die Definition der EMD2 für E-Geld vollständig erfüllt.
Was muss nach MiCAR bei der Ausgabe von E-Geld Token beachtet werden?
E-Geld Token dürfen nach der MiCAR nur zum Nominal gegen Zahlung des Gegenwerts in Fiatgeld ausgegeben werden. Zudem dürfen E-Geld ausgebende Stellen keine Verzinsung im Zusammenhang mit E-Geld Token anbieten. Inhaber von E-Geld Token müssen einen jederzeitigen Rücktauschanspruch gegen den Emittenten der E-Geld Token innehaben. Machen sie von ihrem Rücktauschrecht Gebrauch, darf der E-Geld Token Emittent keine Gebühr für den Rücktausch verlangen. Geld verdienen lässt sich mit der Ausgabe von E-Geld Token insoweit, als dass E-Geld Emittenten maximal 70% der im Austausch gegen E-Geld Token entgegengenommenen Gelder in sichere, risikoarme und liquide Finanzinstrumente investieren dürfen. Mindestens 30% müssen demgegenüber auf segregierten Bankkonten gehalten werden. In jedem Fall müssen Emittenten von E-Geld Token die für sie zuständige Aufsichtsbehörde – in Deutschland also die BaFin – 40 Tage im Vorfeld über das öffentliche Angebot oder den Handelszulassungsantrag informieren. Darüber hinaus müssen Emittenten vor der Markteinführung ihrer E-Geld Token ein MiCAR Whitepaper erstellen und veröffentlichen und es der BaFin zur Verfügung stellen. Eine Billigung oder Genehmigung der BaFin ist nicht erforderlich. Dennoch müssen die inhaltlichen Anforderungen an das MiCAR Whitepaper strikt eingehalten werden, da Emittenten von E-Geld Token bei nicht veröffentlichtem oder fehlerhaftem Whitepaper gegenüber den Tokeninhabern verschuldensunabhängig haften werden.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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