Gerade Emittenten von Vermögensanlagen oder Wertpapieren mit verhältnismäßig kleinen Emissionsvolumina, also insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen, haben häufig den nachvollziehbaren Wunsch ihre Produkte in Eigenregie mittels Eigenemissionsprivileg zu vertreiben. In Deutschland bestimmen insbesondere das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) sowie das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) in Verbindung mit der EU-Prospektverordnung (ProspektVO) die Voraussetzungen, die eine Vermögensanlage bzw. ein Wertpapier in regulatorischer Hinsicht zu erfüllen haben, damit sie im Inland öffentlich angeboten werden dürfen. Diese Voraussetzungen beinhalten neben den Vorgaben in Bezug auf die durch die Emittenten bzw. die Anbieter zu erfüllenden Prospekt- und Dokumentationspflichten zum Teil auch Beschränkungen und Vorgaben bezüglich der Vertriebswege der einzelnen Produkte. Ist also der unmittelbare Vertrieb von Finanzprodukten durch ihre Emittenten in Deutschland gar nicht möglich?
Art des Produktes und Emissionsvolumen entscheidend
Vorgaben hinsichtlich des Vertriebs der einzelnen Finanzprodukte ergeben sich insbesondere sowohl aus der Art des Produktes als auch aus der Höhe des avisierten Emissionsvolumens. So ist es beispielsweise bei Wertpapieren, deren Emissionsvolumen zwischen EUR 1.000.000 und EUR 8.000.000 berechnet über einen Zeitraum von 12 Monaten liegt und die mit einem Wertpapier-Informationsblatt (WIB) anstelle eines Wertpapierprospektes begeben werden grundsätzlich notwendig, den Vertrieb über ein zur Erbringung der Anlagevermittlung oder Anlageberatung befugtes Wertpapierdienstleistungsunternehmen vorzunehmen, sofern sich das Angebot jedenfalls auch an nicht qualifizierte Anleger richtet. Bei Vermögensanlagen dürfen grundsätzlich nur solche Vermögensanlagen zum öffentlichen Angebot im Inland zugelassen werden, die im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einen Finanzanlagenvermittler vertrieben werden. Für Vermögensanlagen, die mithilfe eines Schwarmfinanzierers begeben werden, ist dies ausnahmslos so, wobei hier noch zusätzlich zu beachten ist, dass der Vertrieb nur mittels einer vom Schwarmfinanzierer betriebenen Internet-Dienstleistungsplattform, welche keine Verflechtungen mit dem Emittenten aufweisen darf, erfolgen kann.
Welche Möglichkeiten zum Eigenvertrieb gibt es in Deutschland?
Möglich ist ein Eigenvertrieb von Wertpapieren oder Vermögensanlagen immer dann, wenn das geplante öffentliche Angebot von Wertpapieren oder Vermögensanlagen einem der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände unterfällt, der Emittent und Anbieter von der Prospektpflicht, der Erstellung eines WIB oder eines Vermögensanlagen-Informationsblattes (VIB) befreit. Ein solcher Ausnahmetatbestand ist beispielsweise gegeben, wenn der mit dem Angebot anzusprechende Anlegerkreis klein gehalten wird oder das Angebot sich nur an qualifizierte Anleger richtet. Eine weitere Möglichkeit für Emittenten von Wertpapieren, ihre Anlageprodukte im Wege des Eigenvertriebs zu vermarkten besteht in der Erstellung eines vollständigen Wertpapierprospekts nach der ProspektVO anstelle eines WIB. Denn für Wertpapiere, die auf Grundlage eines umfassenden Wertpapierprospekts angeboten werden, gelten die Beschränkungen hinsichtlich des Eigenvertriebs nicht. Diese Gestaltung birgt den zusätzlichen Vorteil, dass die Wertpapiere über ein vergleichsweise einfaches Notifizierungsverfahren auch in anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums auf Basis des Wertpapierprospekts und ebenfalls in Eigenregie angeboten werden können. Schließlich kann auch die Tokenisierung von Produkten den Eigenvertrieb ermöglichen, die grundsätzlich als Vermögensanlagen einzuordnen wären. Denn nach geltender Verwaltungspraxis der BaFin sind solche Produkte jedenfalls dann, wenn die Tokenisierung zu einer erhöhten Handelbarkeit führt, aufsichtsrechtlich als Wertpapier eigener Art einzuordnen. Sie unterfallen dann trotz der rechtlichen Ausgestaltung als Vermögensanlage den Vorschriften des Wertpapieraufsichtsrechts mit allen Nachteilen und Vorteilen. Insbesondere können Wertpapiere eigener Art nach Maßgabe der ProspektVO auch grenzüberschreitend angeboten werden.
Rechtsanwalt Dr. Konrad Uhink
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