Spätestens seit 2019 ist bekannt, dass auch nach deutschem Wertpapieraufsichtsrecht von Unternehmen ausgegebene Token als Wertpapiere einzuordnen sein können, wenn sie grundsätzlich handelbar und mit ihnen wertpapierähnliche Rechte verbunden sind. Seit im Sommer 2021 in Deutschland das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) in Kraft getreten ist, gibt es zudem mit Kryptowertpapieren sogar eine ausdrücklich im Gesetz vorgesehene Form tokenisierter Wertpapiere. Für die BaFin stellen erste öffentliche Angebote von Security Token deshalb schon seit längerem keine Seltenheit mehr dar. Ist für solche Emissionen die Veröffentlichung eines Wertpapierinformationsblattes (WIB) erforderlich, muss die BaFin vor der Veröffentlichung über die Gestattung des WIB entscheiden. Seit 2019 hat die BaFin bereits eine Vielzahl von WIBs zu Security Token Offerings geprüft. Probleme scheint der Behörde häufig der Fall zu bereiten, wenn der geplante Token Sale erst mehrere Wochen oder gar Monate nach der Gestattung erfolgen soll. Sie weist in solchen Fällen nicht selten auf ihre Verwaltungspraxis hin, nach der eine Billigung nicht zu früh vor dem Angebotsbeginn liegen dürfe, um die Aktualität der Angaben im Dokument zu gewährleisten.
Hinauszögerung der Billigung durch BaFin rechtlich ohne Grundlage
Die Verwaltungspraxis der BaFin ist rechtlich nicht haltbar. Aufgabe der BaFin nach dem Wertpapierprospektgesetz ist die Überprüfung, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestangaben und Hinweise vollständig und in der vorgeschriebenen Reihenfolge in dem Wertpapierinformationsblatt enthalten sind. Darüber hinaus soll die BaFin prüfen, ob der letzte Jahresabschluss des Emittenten zum Zeitpunkt der Gestattung nicht älter als 18 Monate ist. Maßgebend ist insoweit das Feststellungsdatum des Jahresabschlusses. Soweit es bei der Token Emission einen Garantiegeber gibt, überprüft die BaFin daneben auch die Aktualität des Jahresabschlusses des Garantiegebers. Eine darüberhinausgehende Prüfung der Aktualität der Angaben nimmt die BaFin nach dem Wertpapierprospektgesetz nicht vor. Eine gesetzliche Anordnung, nach der der Angebotsbeginn eines Security Tokens am Markt zeitnah nach der Gestattung zu erfolgen hat, existiert nicht.
Aktualität der Angaben im WIB durch Nachtragspflicht gesichert
Natürlich ist es von erheblicher Bedeutung für potenzielle Anleger, dass die in einem WIB enthaltenen Angaben aktuell sind und eine verlässliche Grundlage für eine Anlageentscheidung bieten. Die Aktualität der Angaben ist dabei jedoch auch ohne weitergehende Prüfungspflichten der BaFin dadurch gegeben, dass Emittenten von Wertpapieren und damit auch von Security Token dazu verpflichtet sind, jeden neu eingetretenen Umstand sowie jede wichtige Unrichtigkeit in den Angaben im WIB unverzüglich zu ergänzen bzw. zu korrigieren. Die Aktualisierung hat über einen Nachtrag zu erfolgen, der vor seiner Veröffentlichung ebenfalls von der BaFin zu gestatten ist. Insofern obliegt die Pflicht zur Prüfung der Aktualität der Angaben nicht der BaFin, sondern dem Emittenten, der sich bei Verletzung dieser Pflicht gegenüber Anlegern auch haftbar machen kann. Konsequenterweise sieht das Wertpapierprospektgesetz deshalb auch vor, dass jedes WIB einen Hinweis darauf enthalten muss, dass die inhaltliche Richtigkeit des Wertpapierinformationsblatts nicht der Prüfung durch die Bundesanstalt unterliegt. Die Gestattung eines WIB kann deshalb entgegen der Verwaltungspraxis der Bafin auch deutlich vor dem Beginn des Angebots erfolgen. Emittenten müssen allerdings beachten, dass WIBs nur eine Gültigkeit von maximal einem Jahr haben.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
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