Kryptowährungen wie Bitcoins, Ether oder Ripple zeichnen sich dadurch aus, dass es eine Vielzahl ihrer Sorte gibt. Sie sind identisch ausgestaltet in dem Sinne, dass der eine Bitcoin dem anderen im Wert exakt entspricht, weshalb sie sich als Recheneinheiten eignen. Bei Non-Fungible Token (NFT) ist das anders. Sie werden über Smart Contracts auf geeigneten Blockchain-Infrastrukturen erschaffen und haben individuellen Charakter. NFTs eignen sich deshalb gerade nicht als Recheneinheit, stattdessen aber zur digitalen Spiegelung individueller Gegenstände oder Rechte. Die kürzlich nach Abschluss der Trilog-Verhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem Europäischen Rat final beschlossene Verordnung über Märkte in Kryptowerten (Markets in Crypto Assets Regulation – MiCAR) wollte ursprünglich einen verlässlichen Rechtsrahmen für den gesamten Kryptomarkt in Europa schaffen – auch für NFTs. Der finale Text der MiCAR sieht nun jedoch keine Regulierung von NFTs vor, da Kryptowerte, die nicht fungibel sind, vom Anwendungsbereich der neuen Verordnung ausgeschlossen sein sollen.

Verwirrung um Anwendung der MiCAR auf NFTs

Zwar sieht der Text der finalen MiCAR eine Regulierung von NFTs nicht vor. Zum Abschluss der Trilog-Verhandlungen gab die EU-Kommission ihre Zustimmung zum Text jedoch unter dem Vorbehalt ab, dass NFTs zwar grundsätzlich nicht, aber im Einzelfall doch unter die MiCAR fallen sollen, wenn sie Teil von Kollektionen sind. Was genau unter Kollektionen zu verstehen ist, wird im Text der MiCAR jedoch nicht definiert oder konkretisiert. Gemeint haben dürfte die EU-Kommission wohl Fälle, in denen ein Emittent mehrere NFTs ausgibt, die sich zwar in Details unterscheiden, jedoch erkennbar zu einer Gesamtemission gehören. Beispiele wären etwa NFT-basierte Sammelkarten zu den Spielern einer Fußballmannschaft oder eine Reihe von NFT-basierten Bildern, die alle im Grunde dasselbe Motiv zeigen, sich jedoch in einem kleinen Detail oder der farblichen Darstellung unterscheiden. Leider gibt es jedoch bislang keine offizielle Erläuterung des Begriffs der Kollektion von der EU-Kommission oder einer sonstigen Institution, die für eine europaweit einheitliche Auslegung sorgen kann. Aktuell ist daher offen, welche konkreten NFTs möglicherweise in Zukunft von den Vor- und Nachteilen der MiCAR profitieren dürfen. Ab Geltung der MiCAR werden die national zuständigen Aufsichtsbehörden ihre Verwaltungspraxis zu dieser Frage konkretisieren müssen und sich positionieren. Was dann droht ist der internationale Flickenteppich in der NFT-Regulierung, den MiCAR eigentlich abschaffen sollte.

ESMA muss eine Definition der Kollektion erarbeiten

Nachdem der finale Text der MiCAR nun feststeht, ist die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) dafür zuständig, Entwürfe für technische Regulierungsstandards und Auslegungshinweise zu erarbeiten. Diese sollen insbesondere eine europaeinheitliche Auslegung der neuen Bestimmungen durch die national zuständigen Aufsichtsbehörden ermöglichen. In den zu erarbeitenden technischen Standards sollte die ESMA auch die Frage der Anwendbarkeit der MiCAR auf NFTs klären und klar und deutlich festlegen, was jedenfalls sie in diesem Zusammenhang unter einer Kollektion versteht. Vor der Veröffentlichung technischer Regulierungsstandards zu neuen EU-Verordnungen führt die ESMA stets eine öffentliche Konsultation durch, in der sie Marktteilnehmern und Experten die Möglichkeit einräumt, sich zu allen relevanten Aspekten zu äußern. Die NFT-Branche sollte diese Möglichkeit nutzen, um auf eine angemessene und praktikable Verwaltungspraxis für NFTs im Regulierungsregime der MiCAR hinzuwirken und einen neuen europäischen Flickenteppich zu vermeiden.

Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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