Der Kollaps des Stablecoins TerraUSD sowie der zugrundeliegenden Kryptowährung Terra Luna (LUNA) hat zu massiven Verlusten der in die Werte investierten Anleger geführt. Der Wert des TerraUSD hat sich deutlich vom Wert des US-Dollar entkoppelt und LUNA-Token sind nur noch einen Bruchteil eines Dollarcents wert. Die Kernfunktion des Projekts – die 1:1-Koppelung von TerraUSD an den US-Dollar durch eine algorithmische Lösung – hat nicht funktioniert. Das Vertrauen des Marktes und der Anleger ist nachhaltig enttäuscht. Die Projektinitiatoren haben sich deshalb in der letzten Woche mit einem Plan zur Wiederbelebung des Projekts an die Terra-Community gewandt. Die Abstimmung über den Wiederbelebungsplan erfolgte über die Validatoren des Netzwerks, wobei jeweils eine Stimme durch einen an einen Validator delegierten Token repräsentiert wird. Für Betreiber von Validatoren, an die von Dritten LUNA delegiert worden sind, stellen solche Governance Votes oft ein Dilemma dar. Während der eine Delegierende den Validatorenbetreiber drängt, für eine Governance-Maßnahme zu stimmen, fordert der andere ein ablehnendes Stimmverhalten. Wie sollten sich Validatorenbetreiber in einem solchen Fall verhalten?

Kein Anspruch auf bestimmtes Abstimmungsverhalten ohne Vereinbarung

Soweit der Validatorbetreiber den an ihn Delegierenden nicht im Vorfeld der Governance Vote in irgendeiner Form Versprechungen gemacht hat, haben die Delegierenden gegen ihn grundsätzlich jedenfalls nach deutschem Recht keinen rechtlichen Anspruch auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten. Das Fehlen von konkreten Vereinbarungen ist sogar der Normalfall, zumal Validatorenbetreiber in den meisten Fällen keine Kenntnis von den an sie delegierenden Personen haben. Die Delegation von dPoS-fähigen Kryptoeinheiten erfolgt vielmehr unmittelbar durch den Delegierenden durch Auswahl eines Validators in der genutzten Walletsoftware. Der Validatorenbetreiber hat lediglich die Information, dass Kryptoeinheiten an ihn delegiert wurden. In diesen Konstellationen fehlt es regelmäßig an der Vereinbarung von vertraglichen Pflichten, da keine wirkliche Kommunikation zwischen den Beteiligten stattfindet. Insbesondere fehlt es an einer Zusage an die Delegierenden, bei einer Governance Vote in dem einen oder anderen Sinne abzustimmen oder überhaupt teilzunehmen. Anders liegt der Fall aber natürlich, wenn Betreiber von Validatoren in irgendeiner Form mit ihren Delegierenden beispielsweise über eine Website, E-Mail oder Messenger kommunizieren und ihnen ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in Aussicht stellen. Dann können im Einzelfall vertragliche Beziehungen zwischen den Beteiligten entstanden sein, die beispielsweise auch die vertragliche Nebenpflicht der generellen Wahrung der Interessen des Vertragspartners umfassen.

Klare und einheitliche Kommunikation wichtig

Das geringste Risiko im Zusammenhang mit Governance Votes haben Betreiber von Validatoren, wenn sie eine klare und einheitliche Kommunikation mit ihren Delegierenden pflegen. Da die Interessenlagen der Delegierenden in Bezug auf den Ausgang von Governance Votes in Widerspruch zueinander stehen können, empfiehlt sich im Zweifel, gar nicht erst an solchen Votes teilzunehmen und dies – soweit möglich – den Delegierenden im Vorfeld mitzuteilen. Delegierende mit Interesse an einem bestimmten Ausgang haben dann die Möglichkeit, ihre Kryptoeinheiten von dem Validator des Betreibers abzuziehen und sich selbst darum zu kümmern, dass sie für den gewünschten Vote genutzt werden. Andernfalls besteht das Risiko, dass Delegierende, denen aus dem Ausgang einer Governance Vote ein Nachteil entstanden ist, versuchen, sich an dem Validatorbetreiber schadlos zu halten.

Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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