In den letzten Jahren hat sich mit sogenannten Token Sales eine neue Finanzierungsmethode für Unternehmen herausgebildet. Kapitalsuchende Unternehmen bieten dabei interessierten Anlegern den Erwerb selbst geschaffener Blockchain-Token an, die den jeweiligen Inhaber zur Geltendmachung bestimmter Rechte gegenüber dem Emittenten berechtigen. Der Inhalt solcher Rechte kann dabei sehr unterschiedlich sein. Token können ihrem Inhaber beispielsweise Zugangsrechte zu speziellen Leistungen des Emittenten vermitteln oder Rabatte für die Inanspruchnahme von Leistungen im jeweiligen Geschäftsmodell des Emittenten gewähren. Ebenso können die Token mit Rendite-, Rückzahlungs- oder Mitbestimmungsrechten ausgestattet werden. Je nach konkreter Art der verbundenen Rechte kann es sich nach der aktuellen Verwaltungspraxis der BaFin bei solchen Token um digitale Gutscheine oder Zugangsberechtigungen (sog. Utility Token), um alternative Zahlungsmittel (sog. Currency Token) oder um regulierte Anlageprodukte (so. Security Token oder Investment Token) handeln. Bei Letzteren stellt sich für das die Token anbietende Unternehmen regelmäßig die Frage, ob der Token Sale nur auf der Grundlage eines aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Verkaufsprospekts und eventuell weiterer erforderlicher Angebotsdokumentation erfolgen darf.

 

ÖFFENTLICHES ANGEBOT VON SECURITY TOKEN UND INVESTMENT TOKEN MEISTENS PROSPEKTPFLICHTIG

Stellen die anzubietenden Token über die mit ihnen verbundenen Rechte für die Tokeninhaber nach den geltenden Regularien übertragbare Wertpapiere, Anteile an Investmentvermögen oder sonstige Vermögensanlagen dar, müssen sowohl der Emittent als auch jeder weitere Anbieter umfangreiche Verkaufsprospekte und gegebenenfalls weitere Vertriebsdokumentationen erstellen und von der BaFin billigen lassen, bevor sie die Token öffentlich anbieten dürfen. Zwar sehen die einschlägigen Regulierungsregime der EU-Prospektverordnung, des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) sowie des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) einige Ausnahmetatbestände vor. Jedoch beziehen diese sich in der Regel auf Angebote, die sich entweder ausschließlich an professionelle Anleger richten oder von sehr geringem Volumen sind. Alle drei Regulierungsregime setzen jedoch die Durchführung eines öffentlichen Angebots voraus. Liegt diese wesentliche Voraussetzung bei einem Token Sale nicht vor, unterfällt das Projekt auch nicht den Prospekt- und Transparenzpflichten der genannten Regulierungsregime.

 

WANN IST EIN TOKEN SALE EIN ÖFFENTLICHES ANGEBOT?

Die EU-Prospektverordnung definiert das öffentliche Angebot als eine Mitteilung an die Öffentlichkeit in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Produkte enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung jener Produkte zu entscheiden. Zwar bezieht sich die EU-Prospektverordnung nach ihrem Anwendungsbereich nur auf Wertpapiere. Die Definition kann für die Auslegung des Begriffs des öffentlichen Angebots jedoch ebenso für das Angebot von Anteilen an Investmentvermögen und Vermögensanlagen herangezogen werden, da weder das KAGB noch das VermAnlG eigene Definitionen enthalten. Angebote von Token sind daher als öffentlich einzuordnen, wenn das Angebot auch an dem Emittenten bzw. dem Anbieter unbekannte Anleger gerichtet ist und diesen die wesentlichen Eckdaten wie insbesondere der Erwerbspreis bekannt gegeben werden. Der Begriff des öffentlichen Angebots wird üblicherweise eher weit interpretiert, so dass es nicht ausreicht, dem Anleger wesentliche Anlegerinformationen vorzuenthalten, um so die Öffentlichkeit des Angebots zu vermeiden. Richtet sich ein Angebot aber ausschließlich an dem Emittenten bereits bekannte Anleger, mit denen bereits vor dem Angebot private oder geschäftliche Beziehungen bestehen, kann die Öffentlichkeit des Angebots im Einzelfall entfallen. Solche Privatplatzierungen können dann ohne die vorherige Erstellung von Verkaufsprospekten und weiterer Begleitdokumentation durchgeführt werden.

 

Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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