Am 7. Oktober 2020 verabschiedete das Europäische Parlament den finalen Text der seit Jahren diskutierten EU Crowdfunding Service Provider Verordnung (ECSP). Die neue Verordnung soll in etwa einem Jahr in Kraft treten. Sie wird als europäische Verordnung dann unmittelbar gegenüber den europäischen Bürgern und Unternehmen anwendbar sein. Eine Umsetzung in nationales Recht durch die Mitgliedstaaten ist nicht erforderlich. Für Anbieter von Schwarmfinanzierungsdienstleistungen wird es dann zahlreiche neue aufsichtsrechtliche Vorschriften geben. Bestehende Crowdfunding Plattformen müssen sich in den kommenden zwölf Monaten um die rechtzeitige Schaffung der erforderlichen Unternehmensprozesse und Zulassungen kümmern. Aber was wird die neue Verordnung überhaupt regulieren?

 

SCHWARMFINANZIERUNGSDIENSTLEISTER ERHALTEN EIN EUROPÄISCH EINHEITLICHES ZULASSUNGSREGIME

Im Zentrum der Crowdfunding Service Provider Verordnung steht die Schaffung eines einheitlichen Erlaubnistatbestands für Schwarmfinanzierungsdienstleister. Darunter versteht die Verordnung Dienstleister, die Geschäftsfinanzierungsinteressen von Projektträgern und Anlegern über eine Plattformlösung zusammenführen, entweder durch die Vermittlung von Krediten oder von übertragbaren Wertpapieren i.S.d. MiFID II-Regulierung. Die ECSP wird für Plattformbetreiber gelten, die Crowdfundingprojekte von Projektträgern bis zu einem Fundingziel von 5 Mio. Euro öffentlich anbieten. Um die neu geschaffene Zulassung erhalten zu können, werden Betreiber von Crowdfunding-Plattformen eine Reihe von Anforderungen erfüllen und Nachweise erbringen müssen. So werden sie beispielsweise über regulatorische Sicherheiten im Gegenwert von mindestens 25.000 Euro oder sofern höher, einem Viertel der jährlich überprüften fixen Gemeinkosten des Vorjahres verfügen müssen. Sie benötigen zudem geeignete interne Kontrollmechanismen und zulässige sowie fachlich geeignete Geschäftsleiter. Die Anforderungen an die Erteilung einer Zulassung werden einheitlich für alle europäischen Mitgliedstaaten geregelt. Die Möglichkeit eines europäischen Passportings, also des Betriebs von Schwarmfinanzierungsdienstleistungen auf der Grundlage einer in einem Staat erteilten Erlaubnis auch in anderen Mitgliedstaaten wird daher möglich sein.

 

ZAHLREICHE ORGANISATIONS-, SORGFALTS- UND VERHALTENSPFLICHTEN FÜR CROWDFUNDING PLATTFORMEN

Neben der Schaffung eines neuen Erlaubnistatbestands und entsprechender Vorschriften über das Antragsverfahren wird die ECSP auch eine Reihe von Organisationspflichten, Sorgfalts- und Verhaltenspflichten für die Betreiber von Crowdfunding Plattformen einführen. So werden Schwarmfinanzierungsdienstleister nur in der Rechtsform einer juristischen Person betrieben werden dürfen. Die Betreiber werden darüber hinaus für ihren Geschäftsbetrieb sicherstellen müssen, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit keine Interessenkonflikte haben und zudem sehr umfangreiche Informations- und Transparenzpflichten gegenüber ihren Anlegerkunden erfüllen müssen. Dies betrifft neben der Belehrung über Investitionsrisiken bei Investitionen von mehr als 1.000 Euro durch Anleger insbesondere die Zurverfügungstellung eines höchstens sechsseitigen Anlagebasisinformationsblattes, das vom Projektträger zu erstellen sein wird. Anbieter von Crowdfunding Plattformen werden darüber hinaus über die Ausfallquoten der auf ihrer Plattform angebotenen Projekte informieren und strenge Vorgaben in Bezug auf die Veröffentlichung von Marketingmitteilungen zu angebotenen Projekten erfüllen müssen.

 

WERDEN AUCH ZUGELASSENE FINANZDIENSTLEISTER DIE NEUE ERLAUBNIS BEANTRAGEN MÜSSEN?

Finanzdienstleister, die über eine Plattformlösung Wertpapiere an Kleinanleger vertreiben wollen, denen Projekte mit einem Emissionsvolumen von weniger als 5.000.000 Euro zugrunde liegen, werden sich trotz einer bestehenden Erlaubnis zum Betrieb des Platzierungsgeschäfts oder der Anlagevermittlung mit den Anforderungen der neuen Verordnung auseinandersetzen müssen. Zum einen wird es Möglichkeiten geben, die Erforderlichkeit der Einholung der neuen Erlaubnis durch Anpassungen am Geschäftsmodell zu vermeiden. Ansonsten werden die weitreichenden Vorgaben der Verordnung umgesetzt werden müssen.

 

Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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