Die Emission von tokenisierten Wertpapieren ist spätestens seit der ersten Billigung eines Angebotsprospekts für ein Security Token Offering auf dem deutschen Markt Anfang 2019 eine interessante Alternative zu klassischen urkundenbasierten Wertpapieremissionen. Security Token Offerings sind eine technische Innovation im Kapitalmarkt. Sie erlauben beispielsweise die Aussparung einer im Rahmen traditioneller Wertpapierangebote zwingend erforderlichen Depotbank und bringen die Anlageprodukte näher an die Anleger, weil Token zum einen in eigenen Wallets verwahrbar sind und darüber hinaus direkt und unmittelbar unter Anlegern gehandelt werden können, ohne dass es zwingend eines zwischengeschalteten Intermediärs bedarf. Wer seine tokenisierte Wertpapiere dennoch lieber fremdverwahren lassen möchte, kann auch dies seit Einführung der neuen Finanzdienstleistung der Kryptoverwahrung über spezialisierte Anbieter tun. Nichtsdestotrotz steht der Markt für Tokenisierung in Deutschland erst am Anfang. Es wird einige Zeit und Projekte brauchen, bis sich die Infrastruktur des Kapitalmarkts für die neuen Produkte wirklich geöffnet hat. So fehlt es bis heute noch an einem regulierten Handelssegment an einer zugelassenen Wertpapierbörse für tokenisierte Wertpapiere. Der Handel mit Security Token findet demnach aktuell noch außerhalb von Wertpapierbörsen statt. Dieser Umstand kann im Handel mit Security Token jedoch zu massiven Problemen führen, die die Acceptance-Funktion in Security Token lösen kann.

 

WAS IST DIE ACCEPTANCE-FUNKTION?

Die Hamburger Traditionsreederei Vogemann hat in diesem Monat mit dem Greenshiptoken (GST) einen Security Token auf den Markt gebracht, der nach seinen Token Terms eine Acceptance-Funktion aufweist. Die Acceptance-Funktion begegnet dem Problem, dass die Übertragung von GST im Zweitmarkt nicht über eine Wertpapierbörse oder einen sonstigen zentralen Handelsplatz, sondern direkt und unmittelbar zwischen Anlegern stattfinden wird. Aus zivilrechtlicher Sicht stellt sich in dieser Konstellation die Problematik, dass die Rechte aus dem Wertpapier, insbesondere die Ansprüche auf Verzinsung und Rückzahlung des Kapitals immer gemeinsam mit dem Token übertragen werden müssen. Bei urkundenbasierten Schuldverschreibungen stellt das deutsche Zivilrecht sicher, dass das Recht aus dem Papier dem Recht an dem Papier folgt. Der Eigentümer einer Schuldverschreibung in Urkundsform ist also rechtlich immer auch der Inhaber der aus der Schuldverschreibung folgenden Ansprüche. So eine gesetzliche Fiktion existiert jedoch im Fall tokenisierter Schuldverschreibungen bis dato im deutschen Zivilrecht nicht.

 

WIE WERDEN ANLEGERANSPRÜCHE AUS SECURITY TOKEN AUF TOKENERWERBER ÜBERTRAGEN?

Die Übertragung der Token und der mit dem Token verknüpften Rechte muss deshalb bei Security Token über die Token Terms besonders geregelt werden. Da es sich bei den Ansprüchen aus den Token Terms um Forderungen handelt, müssen sie rechtlich über eine Abtretung vom Veräußerer eines Tokens an den Erwerber weitergegeben werden. Das kann rechtlich nur über einen Abtretungsvertrag passieren. Ein wirksamer Vertrag besteht nach deutschem Recht aus zwei grundlegenden Bestandteilen, einem Angebot und einer darauf bezogenen Annahme. An dieser Stelle stellt sich ein in der Dezentralität von Blockchain-Lösungen begründetes technisches Problem, denn die Transferierung eines Blockchain-Tokens wird zwar von dem Inhaber des Tokens aktiv ausgelöst, jedoch hat der Erwerber eines Blockchain-Tokens originär keine Möglichkeit, die Annahme zu bestätigen. Blockchain-Token gehen schlicht auf der Blockchain-Adresse des Erwerbers ein, ohne dass dieser in irgendeiner Weise tätig werden muss. Während daher ein Angebot auf Übertragung eines Tokens und der mit ihm verbundenen Rechte durch das Anstoßen einer Blockchain-Transaktion erklärt werden kann, fehlt es an einer nach außen erkennbaren Aktion des Erwerbers, die rechtlich als Annahme gewertet werden kann. Die Acceptance-Funktion begegnet diesem Problem und stellt sicher, dass eine Transferierung des Security Token erst dann in die zugrundeliegende Blockchain aufgenommen wird, wenn der Erwerber aktiv die Annahme des Token und der mit ihm verbundenen Rechte erklärt hat.

 

WARUM IST DIE ACCEPTANCE-FUNKTION WICHTIG?

Über die Acceptance-Funktion kann sichergestellt werden, dass die mit einem Security Token verbundenen Rechte im Wege eines Abtretungsvertrags vom Veräußerer auf den Erwerber übertragen werden. Fehlt es hingegen an einer rechtswirksamen Annahme der Übertragung, besteht die Gefahr, dass zwar der Token an einen Erwerber übertragen wird, rechtlich aber die Rechte nach den Token Terms beim Veräußerer verbleiben. Die Acceptance-Funktion ermöglicht deshalb die rechtswirksame Übertragung von außerbörslich gehandelten Security Token im Zweitmarkt. Bei Security Token, die ausschließlich über zentralisierte Handelsplätze übertragen werden können, bedarf es der Acceptance-Funktion hingegen nicht zwingend, da in diesen Fällen sowohl Veräußerer als auch Erwerber Handelsorder am Handelsplatz einstellen, die als Angebot bzw. Annahme gedeutet werden können. Solange aber börsliche Handelsplätze für Security Token noch nicht existieren, ist die Acceptance-Funktion ein valides Mittel zur Sicherstellung der rechtswirksamen Übertragung von Token und verbundenen Rechten.

 

Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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