Das Interesse an token-basierten Kapitalmarktemissionen nimmt spürbar zu. Dabei denken nicht nur Blockchain Startups und Tech Unternehmen über die neuen innovativen Möglichkeiten der Refinanzierung über den tokenisierten Kapitalmarkt nach, sondern zunehmend auch Unternehmen mit langjährig erprobten Geschäftsmodellen aus traditionellen Branchen. Bislang haben sich deutsche Unternehmen auf die Begabe von tokenisierten Genussrechten mit Nachrangabrede beschränkt, jedoch ist klar, dass der nächste Schritt in nicht allzu ferner Zukunft getan wird. Die Ausgabe von tokenisierten Aktien kommt für bestehende Aktiengesellschaften nur selten ernsthaft in Frage, obwohl das Interesse im Markt an Alternativen zu tokenisierten Debt-Produkten durchaus vorhanden ist. Kaum jemand möchte auf diesem Gebiet der Pionier sein und die erste blockchain-basierte Aktienemission wagen, auch weil der deutsche Gesetzgeber angekündigt hat, an den rechtlichen Grundlagen kurz- bis mittelfristig Änderungen vornehmen zu wollen, um eine Tokenisierung von Aktien zu fördern und zu erleichtern. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es für Unternehmen bereits jetzt eine Alternative zur Ausgabe tokenisierter Aktien am Kapitalmarkt gibt, die den Weg in tokenisierte Equity-Produkte ebnen könnte.
WANDELANLEIHE ALS MISCHFORM VON DEBT- UND EQUITY-PRODUKTEN
Hier kommen sogenannte Wandelanleihen ins Spiel. Die Idee der Wandelanleiehen ist nicht neu. Vielmehr handelt es sich um eine langjährig im traditionellen Kapitalmarkt erprobte Gestaltung, bei der der Emittent den Anlegern zunächst klassische Unternehmensanleihen anbietet, ihnen jedoch am Laufzeitende eine Option auf Erhalt beispielsweise von Aktien des Unternehmens statt der Rückzahlung des investierten Kapitals einräumt. Die Laufzeit der Anleihe kann durch den Emittenten grundsätzlich ebenso frei bestimmt werden wie die Verzinsung und die sonstigen Rechte und Pflichten der Anleger und des Emittenten. Im neuen Markt der tokenisierten Finanzinstrumente haben Wandelanleihen den Vorteil, dass sie zunächst beispielsweise als tokenisierte Genussrechte ausgestaltet werden können und so dem Emittenten ermöglichen, die angekündigten Gesetzesanpassungen für tokenisierte Aktien abzuwarten. Am Ende der Laufzeit könnte der Emittent den Anlegern etwa ein Wahlrecht auf Erhalt von Aktien seines Unternehmens einräumen und sich die Entscheidung darüber freihalten, ob die wahlweise am Laufzeitende zu erhaltenden Aktien verbrieft, unverbrieft oder in Tokenform gewährt werden würden. Die konkrete Ausgestaltung der Aktien könnte bei entsprechend langer Laufzeit der zugrundeliegenden Unternehmensanleihe somit auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.
ALTERNATIVEN ZU TOKENISIERTEN NACHRANGIGEN GENUSSRECHTEN NEHMEN ZU
Tokenisierte Wandelanleihen könnten somit eine valide Alternative zu tokenisierten Genussrechten für Emittenten sein, die Anlegern schon jetzt die Möglichkeit einer echten Unternehmensbeteiligung anbieten, jedoch selbst nicht als erstes deutsches Unternehmen tokenisierte Aktien begeben wollen. Mit der tokenisierten Wandelanleihe stehen blockchain-basierte Kapitalmarktemissionen auch solchen Emittenten offen. Es ist spannend zu sehen, dass sich der Markt der tokenisierten Kapitalmarktprodukte rasant entwickelt und auch weitere alternative Produktkonstruktionen wie beispielsweise die Tokenisierung von Aktien, Vermögensanlagen oder Investmentfondsanteilen stattfindet. Natürlich bleiben auch tokenisierte Genussrechte nicht nur als Wegbereiter der digitalen Finanzprodukte eine gute Alternative. Es darf jedoch schon heute bei der Planung eines Security Token Offerings über den Tellerrand hinausgeschaut werden, um das für das konkrete Projekt des Emittenten am besten passende Finanzinstrument den Anlegern in tokenisierter Form anbieten zu können.
Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)
UNSERE BLOG ARTIKEL IM MONATLICHEN NEWSLETTER?
Mit dem FIN LAW Newsletter erhalten Sie alle FIN LAW Blog Artikel des Monats noch einmal übersichtlich und leserfreundlich zusammengestellt per E-Mail zugesandt. Unser Newsletter erscheint jeweils zu Beginn des Monats. Melden Sie sich einfach über den untenstehenden Button für den FIN LAW Newsletter an. Natürlich können Sie den Newsletter auch jederzeit wieder abbestellen.
Neueste Kommentare