Zu Beginn der letzten Woche veröffentlichte die BaFin ihr lang ersehntes Merkblatt zum neuen Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts. Da der Gesetzgebungsprozess sich bis kurz vor Jahresende 2019 hingezogen hatte, der neue Erlaubnistatbestand aber bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2020 in das Kreditwesengesetz aufgenommen wurde, blieb der BaFin wenig Zeit für die Erarbeitung ihrer Verwaltungspraxis in Bezug auf die neue Finanzdienstleistung. Das Merkblatt gibt zunächst einen Überblick über die Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale und hilft Dienstleistern so bei der Auslegung des neuen Gesetzestextes und der Klärung der Frage, welche konkreten Tätigkeiten unter den neu geschaffenen Erlaubnistatbestand fallen. Darüber hinaus äußert sich die Behörde zu der Frage, ob auf der Grundlage einer Kryptoverwahrlizenz auch Security Token, also tokenisierte Wertpapiere verwahrt werden dürfen. Nach dem neuen Gesetzeswortlaut bezieht sich das Kryptoverwahrgeschäft auf die Verwahrung von Kryptowerten, die ebenfalls am 1. Januar 2020 in das Kreditwesengesetz als neue Art von Finanzinstrumenten eingeführt wurden. Kryptowerte können nach der gesetzlichen Definition sowohl im Fall von digitalen Tausch- oder Zahlungsmitteln als auch im Fall von digitalen Anlageprodukten vorliegen, so dass Currency Token ebenso wie Security Token grundsätzlich als Kryptowerte qualifizieren können. Nach der jetzt mit dem Merkblatt bekannt gewordenen Verwaltungspraxis der BaFin wird es für die Verwahrbarkeit durch Kryptoverwahrer im Fall der letztgenannten Security Token aber jeweils auf den konkreten Einzelfall ankommen.

 

WANN KÖNNEN KRYPTOVERWAHRER SECURITY TOKEN VERWAHREN?

Bei der Verwahrung von Security Token kommt es zunächst darauf an, wie genau der jeweilige Security Token aufsichtsrechtlich eingestuft werden kann. Der Begriff des Security Tokens zielt zwar offensichtlich auf Token ab, die als Wertpapier ausgestaltet sind. Zu Anlagezwecken dienende Token können aber auch beispielsweise als Vermögensanlage nach dem Vermögensanlagegesetz oder als Anteil an einem Investmentvermögen im Sinne der AIFM-Richtlinie ausgestaltet sein. Je nach Art der konkreten Ausgestaltung müssen Emittenten und Anbieter solcher Security oder Investment Token nach den geltenden Regeln gegebenenfalls Verkaufsprospekte erstellen und die einschlägigen kapitalmarktrechtlichen Regularien einhalten. In Bezug auf die Verwahrung der Token spielt die rechtliche Einordnung ebenfalls eine entscheidende Rolle. Die BaFin führt in ihrem neuen Merkblatt ausdrücklich aus, dass Security Token nach derzeitiger Rechtslage keine Wertpapiere im Sinne des Depotgesetzes darstellen und ihre Verwahrung somit auch nicht nur mit einer Erlaubnis für das Depotgeschäft möglich sein wird, sondern ebenfalls mit der Zulassung als Kryptoverwahrer geleistet werden darf. Hintergrund ist, dass das Depotgeschäft nach der ständigen Verwaltungspraxis der BaFin nur dann einschlägig ist, wenn die zu verwahrenden Produkte Wertpapiere nach dem Depotgesetz darstellen. Da die Regeln des Depotgesetzes sich auf in Urkunden verbriefte Wertpapiere beziehen, fällt es schwer, auch in Token manifestierte Wertpapiere von ihnen erfasst zu sehen. Zwar ergibt sich die Einschränkung der Anwendbarkeit des Depotgeschäfts ausschließlich auf Produkte nach dem Depotgesetz nicht aus dem Kreditwesengesetz. Die BaFin hält aber an dieser Auslegung auch und gerade im Hinblick auf Security Token fest, auch wenn sie in dem neuen Merkblatt an anderer Stelle die seinerzeitige Gesetzesbegründung der Bundesregierung zur Einführung des Kryptoverwahrgeschäfts zitiert und darauf hinweist, dass Security Token dann, wenn sie dem Wertpapierbegriff des Depotgesetzes unterfallen nur im Wege des Depotgeschäfts und nicht über die Kryptoverwahrung verwahrbar sein sollen. Hier wäre es sicher hilfreich gewesen, wenn die BaFin im Hinblick auf ihre im selben Merkblatt getroffene Aussage, nach der Security Token nach derzeitiger Rechtslage gerade keine Wertpapiere nach dem Depotgesetz darstellen sollen, erläutert hätte, welche Ausgestaltungen von Security Token sie im Anwendungsbereich des Depotgesetzes sehen würde.

 

WAS SIND DIE AUSWIRKUNGEN AUF DEN VERWAHRMARKT FÜR WERTPAPIERE?

Die neue Verwaltungspraxis der BaFin zur Verwahrbarkeit von Security Token durch Kryptoverwahrer könnte massiven Einfluss auf die Neuorientierung des Verwahrmarktes von Wertpapieren einerseits und die generelle Adaption der Tokenisierung im Kapitalmarkt haben. Während in Einzel- oder Sammelurkunden verbriefte Wertpapiere nach dem Depotgesetz ausschließlich von für das Depotgeschäft zugelassenen Banken verwahrt werden dürfen, können tokenisierte Wertpapiere künftig mit der deutlich günstigeren und sogar in weiten Teilen aufsichtsrechtlich privilegierten Kryptoverwahrlizenz für Anleger verwahrt werden. Diese Tatsache wird das Geschäftsmodell der klassischen Depotbanken massiv bedrohen und perspektivisch sogar obsolet werden lassen, wenn sich die Infrastruktur des Kapitalmarkts in Zukunft weiter für tokenisierte Finanzprodukte öffent.

 

Rechtsanwalt Lutz Auffenberg, LL.M. (London)

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